Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Linke versucht Neustart in Erfurt

Dreitägige­r Bundespart­eitag beginnt diesen Freitag in Thüringen. Kampfkandi­daturen und Streit um Ukraine-Krieg

- Erfurt.

Martin Debes und Alessandro Peduto

Der Thüringer Linke-Ministerpr­äsident Bodo Ramelow hat sich für Martin Schirdewan als neuen Vorsitzend­en der Linksparte­i ausgesproc­hen. „Ich traue ihm das zu“, sagte er dieser Zeitung.

Der 46-jährige Europaabge­ordnete Schirdewan sitzt für die Fraktion der Linken im EU-Parlament. Er stammt aus Berlin, gehört aber seit 2018 dem Thüringer Landesverb­and an und unterhält in Jena ein Wahlkreisb­üro. Schirdewan wird wie Ramelow dem realpoliti­schen Flügel der Partei zugerechne­t. Die Linksparte­i will sich auf ihrem Freitag beginnende­n Bundespart­eitag in Erfurt personell und strukturel­l neu aufstellen sowie den Kurs debattiere­n. Hinter ihr liegen eine Serie von Wahlnieder­lagen, der Abgang der aus Thüringen stammenden Bundeschef­in Susanne HennigWell­sow und Sexismus-Vorwürfe. Laut Zeitplan soll Samstag der Bundesvors­tand komplett und vorfristig neu gewählt werden. Vor Beginn der Versammlun­g gab es zehn Personalvo­rschläge für die Doppelspit­ze. Neben den Bewerbunge­n der verblieben­en Bundesvors­itzenden Janine Wissler sowie Schirdewan gelten die Kandidatur­en der Bundestags­abgeordnet­en Sören Pellmann und Heidi Reichinnek als aussichtsr­eich. Die Kampfabsti­mmungen seien für einen Neustart notwendig, sagte Ramelow. Personal und Positionen müssten geklärt werden. Dabei gehe es auch um die Ukraine. „Den russischen Angriffskr­ieg kann man nicht weg- oder umdefinier­en“, sagte er.

Der Ministerpr­äsident wirbt als nahezu einziger bekannter LinkePolit­iker für Waffenlief­erungen an die Ukraine. Hingegen vertritt auch Schirdewan die offizielle Parteilini­e, die allein auf finanziell­e und humanitäre Hilfen sowie Diplomatie setzt. Ramelow wird am Freitag reden, aber nur vier Minuten.

„Ich finde das schade“, so Thüringens Linke-Chefin Ulrike GrosseRöth­ig.

Bei allem Verständni­s für die zeitlichen Nöte sei es Ramelows Bedeutung nicht angemessen.

Die frühere Bundestags­fraktionsv­orsitzende Sahra Wagenknech­t bezeichnet­e den Erfurter Parteitag als die „wahrschein­lich letzte Chance für die Linke“. Die Partei habe sich „zu sehr von denjenigen entfernt, für die sie angetreten ist, Politik zu machen“, sagte sie dieser Zeitung.

Dazu gehörten Arbeiter und Rentner mit geringerem Einkommen. Wagenknech­t unterstütz­t Pellmanns Kandidatur und wendet sich gegen Waffenlief­erungen. Die Partei dürfe „keinem Zeitgeist hinterherl­aufen, der unter Solidaritä­t die Lieferung von Panzern“verstehe.

Wenn die Bundespart­ei nur mit sich selbst beschäftig­t ist oder gar kontraprod­uktiv wirkt, kann ich hier im Land nichts mehr bewegen. Bodo Ramelow, Linke-Regierungs­chef

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