Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Simple Erklärung für Mysteriöses im Werratal
Paragraf im Schulgesetz, der Wechsel an hessische Schulen erschwert, bringt Thüringer Eltern auf
Dass an der Blumensteinschule im hessischen Obersuhl 20 Mädchen und Jungen aus Thüringen für den nächsten Jahrgang 5 angemeldet sind und auf insgesamt vier Klassen verteilt unterrichtet werden, nannte Wolfram Abbè, Leiter des Schulamtes Westthüringen am Donnerstag „mysteriös“. Dem Schulamt lagen aus dem Grundschulbereich nämlich nur zwei Anträge von Eltern künftiger Fünftklässler für die Beschulung in Hessen vor. Diese waren genehmigt worden. Von den 20 in Obersuhl wisse er nichts.
Die Sache ist außergewöhnlich, da das Kultusministerium für das Schuljahr 2022/23 den Paragraf 17/3 des Thüringer Schulgesetze novellierte, nachdem Schüler aus Thüringen nur „aus zwingenden persönlichen Gründen und mit Genehmigung des Schulamtes“Schulen in Hessen besuchen können.
Zahlreiche Widersprüche von Eltern auf dem Tisch
Im vergangenen Schuljahr war dieser Paragraf auf Förder-, Grundund Berufsschulen beschränkt und wurde nun auf „Schulen“reduziert. Mit Folgen.
In diesem Jahr wurde ab April über alle Schulformen geprüft, gab diverse Ablehnungen, vor allem im Bereich weiterführender Schulen. Folge: Das Kultusministerium hat zahlreiche die Widersprüche der Eltern auf dem Tisch, auch aus dem Raum Gerstungen und Werra-SuhlTal. Vielen Familien der angehenden Fünftklässler aus Thüringen, die sich bereits ab März direkt an hessischen Schulen bewarben, wäre es wohl ähnlich ergangen, hätten Eltern erst das Schulamt befragt. Für die Blumensteinschule wäre der Verlust der Fünfer aus Thüringen ein herber.
Die Schülerzahlen sind rückläufig, auch an der Werratal Gesamtschule in Heringen. Auch dorthin wollen Schüler wechseln. Einige Schüler aus Treffurt gehen Jahr für Jahr nach Hessen, in die Anne
Frank-Schule nach Wanfried. Für die Schulen in Thüringen sind diese Abwanderungen schmerzlich. Das Thema hat längst politische Dimensionen. In diesen Tagen und Wochen mehr denn je, denn das Problem betrifft nicht nur das Schulamt Westthüringen.
Im Eichsfeld hatte sich eine Elterninitiative formiert, der sich Eltern aus der Wartburgregion anschlossen und eine Protestnote auch hierzulande verbreiteten. Gut 1000 Unterschriften soll die Petition mittlerweile haben. Auch Eltern der Region und Lehrer hessischer Schulen unterzeichneten.
Vor Tagen prüfte das Bildungsministerium des Freistaates Möglichkeiten, wie Eltern ihre Kinder doch in Hessen oder Niedersachsen beschulen lassen können, trotz anders lautendem Schulgesetz zulassen. Am Donnerstag hieß es aus dem Ministerium, dass man eine Entscheidung im Sinn der Eltern treffen werde. Die Frage aber steht: Nur für dieses Schuljahr oder grundsätzlich?
Auch Gerald Taubert, Leiter des Gerstunger Gymnasiums, verfolgte die Debatte aufmerksam. Aus seiner Sicht sei besagter Paragraf im Thüringer Schulgesetz juristisch nicht haltbar, auch nicht mit dem Föderalismus der Bundesländer erklärbar. In die andere Richtung geht es reibungslos. Am Gerstunger Gymnasium lernen zahlreiche Schüler aus Hessen, ohne die die Schule quantitativ anders dastehen würde.