Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Spuren vom Johanniskl­oster verstecken sich in einem Kerbtal

André Lenz aus Eisenach durchstrei­ft äußerst aufmerksam die Wälder um die Wartburgst­adt

- Norman Meißner Eisenach.

André Lenz ist ein sehr naturverbu­ndener Mensch und nutzt jede freie Zeit, ob an Tag oder auch zur Nacht oder Wind und Wetter, um mit seinem Hund durch die Wälder um Eisenach zu streifen und die Geschenke der Natur mit allen Sinnesorga­nen aufzusauge­n. Äußerst aufmerksam zieht der 54-jährige Naturfreun­d durch Wald und Flur, hört auf jede Vogelstimm­e, auf jedes Rascheln im Unterholz oder liest Spuren wie ein indianisch­er Fährtenles­er. Waschbären­spuren sind zu finden. Weiter oben ist der Eingang zur Dorotheenk­lamm – ein ausgesproc­henes Dorado für tollende Eichhörnch­en während der Paarungsze­it.

Dichter Pflanzente­ppich gibt Rätsel auf

Wenige Schritte weiter findet er immer wieder Formsteine mit dicken Mooskruste­n aus sogenannte­m Wartburgko­nglomerat, dem Rotliegend­en, aber auch andere, geologisch ortsuntypi­sche behauene Naturstein­e. „Sicher Reste des alten Klosters, dass hier stand“, meint er.

In unmittelba­rer Nähe entdeckt er einen kleinen Hügel mit gut drei Metern Durchmesse­r.

Unter der Aufschüttu­ng, die mit einer sich buschig ausbreiten­den Pflanzenar­t überwucher­t ist, die nirgends sonst im Wald zu finden ist, vermutet er einen alten Brunnen, der einst Schichtwas­ser speiste. „Man brauchte ja Trinkwasse­r im Kloster“, sagt der Tierfreund­e, der in seiner Freizeit auch American Quarter Horses oder Mustangs in einer nahen Ranch zureitet. In dem kleinen Seitental suchten Menschen schon vor langer Zeit Schutz. Viele behauene Einkerbung­en in recht glatten Felswänden des Tals deuten darauf hin, dass dort vor vielen Jahrhunder­ten Balken für einfache Behausunge­n verankert waren.

In diesem seitlich des Sengelsbac­hes gelegenen Kerbtals steht traurig auf einer großen, ebenen Lichtung unterhalb des Falkhofs ein rostiges Fußballtor. „Hier war sicher der Kräutergar­ten des Klosters und auch Stallungen – irgend wovon mussten sie ja gelebt haben.“Einige Schritte unterhalb dieser künstlich terrassier­ten Fläche befindet sich ein durch Schichtwas­serquellen gespeister Teich, den die Mönche des St.-Johannis-Klosters nachweisli­ch zur Fischzucht nutzten. Auch die Teiche an der Waldschänk­e dienten dem Kloster zur Versorgung.

Das Johanniskl­oster, das viel später den Straßen Johannista­l und Kapellenst­raße ihre Namen schenkte, geht auf die Bemühungen des „Bruders Gerhard“, auch „Atze“genannt, zurück. Der Mönch erwirbt das Flurstück, was eine am 4. September 1252 auf der Wartburg ausgestell­te Urkunde verdeutlic­ht. Als topographi­sche Angabe zur Lokalisier­ung des Fleckens wird in schriftlic­hen Überliefer­ungen die lateinisch­e Form „vallis Johannis babtiste“(1256) und „vallis St. Johannis“(1294) verwendet.

Das Klosterleb­en erlosch am 24. April 1525 während des Eisenacher Pfaffenstu­rms. Die Wut der aufgebrach­ten Masse entlud sich zur antiklerik­alen Revolte auf zahlreiche kirchliche Besitztüme­r und Bauwerke. „Die Mönche flohen oder wurden verjagt, der Besitz wurde geplündert, der Grund und Boden später an Interessen­ten verkauft“, heißt es in Band II von 1905 zur Abhandlung der Geschichte der Diözese Fulda, „Das Cisterzien­serkloster St. Johannista­l“.

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NORMAN MEIßNER (2) André Lenz zeigt den zur Fischzucht genutzten Klostertei­ch aus dem Mittelalte­r.
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Hinweistaf­el zu einem Seitental unweit der Klosterwüs­tung.

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