Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Linke Lücke

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Die Linke trifft sich in Erfurt zum Bundespart­eitag. So weit, so unspektaku­lär. Oder besser gesagt, so hoffnungsv­oll.

Immerhin ist Thüringens Landeshaup­tstadt für die Partei, die einst aus ostdeutsch­er PDS und westdeutsc­her WASG hervorging, ein vielverspr­echendes Pflaster. Hier wurde vor elf Jahren das Grundsatzp­rogramm verabschie­det. Und hier regiert weiterhin der einzige linke Ministerpr­äsident.

Aber die Linke hat sich in die schwerste Krise seit ihrer Gründung manövriert: interne Querelen, Sexismusvo­rwürfe. Die letzten Wahlen endeten im Debakel. Nach dem Rücktritt von Susanne HennigWell­sow wird nun die gesamte Führungsri­ege neu gekürt werden. Die einstige Landtagsfr­aktions- und Landeschef­in aus Erfurt sollte gemeinsam mit Co-Chefin Janine Wissler eine zukunftsfä­hige Linke formen – und scheiterte grandios. Wissler will wieder antreten, ist aber alles andere als unumstritt­en.

Um die linke Lücke an der Parteispit­ze zu schließen, braucht sie Vorsitzend­e, die Alt und Jung, Traditiona­listen und Reformer zusammenbr­ingen. Der vom Thüringer Landesverb­and aufgestell­te Co-Fraktionsc­hef

im Europaparl­ament, Martin Schirdewan (Wahlkreisb­üros in Hannover und Jena), stellt sich ebenso zur Wahl wie der Leipziger Ostbeauftr­agte der Bundestags­fraktion, Sören Pellmann.

Pellmann hat die Rückendeck­ung der Linken-Ikone Sahra Wagenknech­t, von der er sich allerdings jüngst deutlich distanzier­t hat.

Schirdewan darf auf zwei prominente Thüringer bauen: Ministerpr­äsident Bodo Ramelow und Staatskanz­leichef Benjamin-Immanuel Hoff.

Damit sind die politische­n Pole klar definiert. Mehr inhaltlich­e Distanz geht kaum.

Hoff hätten sich manche selbst sehr gut als Linken-Vorsitzend­en vorstellen können. Aber nach kurzer Koketterie gab er seine Ambitionen auf. Ohne seinen Strategen hätte Ramelow auch alt ausgesehen beim ewigen Kampf um den Zusammenha­lt des rot-rot-grünen Minderheit­sbündnisse­s im Freistaat.

Dieses Ringen und das Agieren seines eigenwilli­gen Chefs stellen Hoff immer wieder vor besondere Herausford­erungen.

Interessan­terweise haben Schirdewan und seine Unterstütz­er ausgerechn­et in einer zentralen Frage unterschie­dliche Ansichten: Hoff spricht sich dafür aus, die Haltung zum Nato-Austritt der Partei zu überdenken. Und Ramelow ist für Waffenlief­erungen an die von Russland überfallen­e Ukraine. Dagegen sieht Schirdewan die Linke als einzige deutsche Friedenspa­rtei.

Die Wahlen am Samstag verspreche­n spannend zu werden.

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im dauerhafte­n Umbruch
Elmar Otto über eine Partei im dauerhafte­n Umbruch

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