Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Klartext zu Energiepreisen und Signale in Eisenach
Bürgerdialog mit Umweltministerin Siegesmund bearbeitet Themen, die auf den Nägeln brennen
Energiegeladen war der Dialog der Thüringer Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) mit Bürgern im Eisenacher Stadtschloss. „Miteinander reden“wollte man über Energie, Umwelt oder Naturschutz. Die Energie nahm den größten Raum des Meinungsaustauschs ein. Akut brennt den Menschen das Thema in diesen Tagen auf den Nägeln.
Dass die aktuelle Europapolitik der Bundesregierung nicht loszulösen sei von der Energiepolitik machte ein Eisenacher Grüner deutlich. Er schrieb der grünen Umweltministerin ins Stammbuch, dass mit den Waffenlieferungen an die Ukraine, den Geldtransfers und der allgemeinen Aufrüstung Milliarden Euro verbraten würden, die so dringend für die Energiewende zum Einhalt des Klimawandels gebraucht würden.
Die Preisexplosion bei Strom und Gas treibt alle um. Wie man aktuelle Kostensteigerungen der Thüringer Energie AG (TEAG) von über 100 Prozent auf die Mieter umlegen soll, fragte ein Eisenacher Hausverwalter. Die erlaubte Steigerung der Betriebskostenumlage gäbe das jedenfalls nicht her. Ein Dilemma.
Eine Lanze für die kommunal basierte TEAG brach Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke), musste sich von Ministerin Siegesmund allerdings auch anhören, dass der größte Thüringer Energieversorger unter dem Druck der allgemeinen Lage ein völlig neues Geschäftsmodell brauche. Die Zeiten, in denen Energieversorger, dazu zählen auch Stadtwerke wie die Eisenacher Versorgungsbetriebe (EVB), Strom preisgünstig an der Börse ein-, um ihn gewinnbringend zu verkaufen seien vorbei.
Keine geeigneten Flächen für die Energieproduktion
Christiane Dörte Sperling, Geschäftsführerin der EVB, wurde deutlich. Man müsse den Verbrauchern unmissverständlich klar machen, dass die Zeiten von preiswerter Energie, von „dann wechsel doch einfach zu einem günstigeren Anbieter“vorbei seien. Die Billiganbieter seien längst pleite. Jetzt sei Ehrlichkeit gefragt: Es gäbe kein zurück.
Natürlich würde die EVB gerne selbst mehr Energie produzieren, doch finde das kommunale Unternehmen seit Jahren dafür keine geeigneten Flächen. Eine Erweiterung Anteils an bestehenden Windkraftanlagen
sei derzeit nicht realisierbar. Es gäbe einfach kein Angebot dafür. Ein Dilemma.
Windkraft und Photovoltaik (PV) waren dominierende Themen des Bürgerdialogs mit der Umweltministerin. Es brauche mehr davon, hieß es. In Thüringen würden derzeit nur 0,42 Prozent der Flächen für Windkraftanlagen genutzt. 60 Prozent der Landesfläche sei landwirtschaftlich genutzt oder Grünland, hinzu komme 30 Prozent Wald. Es gäbe also genug Potenzial.
Auch Landwirte waren unter den Gästen, was Siegesmund betonen ließ, dass für PV-Anlagen lediglich „benachteiligte Flächen“also schlechten Böden in Frage kämen dürften. In Thüringen gäbe es mittlerweile gute Beispiele von Bürgergenossenschaften, die gemeinsam in regenerative Energieprojekte investieren.
Anne Häring, Klimaschutzmanagerin in Eisenach, machte deutlich, dass in der Wartburgregion entsprechende Projekte gefördert würden. Das Land, so die Ministerin, richte gerade einen Bürgerenergie-Fond ein. Ihr Appell: „Investieren Sie in PV-Anlagen oder Solarthermie. Für Kommunen gäbe es dafür auch noch Fördermöglichkeiten. Besorgt zeigten sich Landwirte wegen der
Schließung von mehr und mehr Biogasanlagen durch die Novellierung des Erneuerbare Energie-Gesetzes (EEG).
270 solche Anlagen gibt es in Thüringen. Sie machten ein Drittel der regenerativen Stromerzeugung aus, produzierten aber den teuersten Strom in dieser Sparte. Umweltministerin Siegesmund machte deutlich, dass Biogasanlagen deutlich effizienter arbeiten müssten. Dann gäbe es auch eine Anschlussförderung. Ein Wirkungsgrad von 60 Prozent sei kein Maßstab. Das Land biete dazu Beratung von Experten.
Auch Eisenacher Spezialfälle wurden beim Bürgerdialog diskutiert, etwa die Ausstattung des Südviertels mit Anlagen zur Energiegewinnung. Der Denkmalschutz erschwere dort die Installation von PV-Anlagen auf Dächern. Die Schaffung von Pyrolyse-Anlagen, die nach dem Schema von Holzvergaser-Motoren funktionieren, kamen zur Sprache.
Und schließlich sorgte das seit Wochen in Eisenach heftig diskutierte Wohnbauprojekt der Städtischen Wohnungsgenossenschaft im Thälmann-Viertel im Bürgerdialog für reichlich Zündstoff. In diesen Konflikt e werde sich das Land aber nicht einmischen, so die Ministerin.