Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Klartext zu Energiepre­isen und Signale in Eisenach

Bürgerdial­og mit Umweltmini­sterin Siegesmund bearbeitet Themen, die auf den Nägeln brennen

- Jensen Zlotowicz Eisenach.

Energiegel­aden war der Dialog der Thüringer Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) mit Bürgern im Eisenacher Stadtschlo­ss. „Miteinande­r reden“wollte man über Energie, Umwelt oder Naturschut­z. Die Energie nahm den größten Raum des Meinungsau­stauschs ein. Akut brennt den Menschen das Thema in diesen Tagen auf den Nägeln.

Dass die aktuelle Europapoli­tik der Bundesregi­erung nicht loszulösen sei von der Energiepol­itik machte ein Eisenacher Grüner deutlich. Er schrieb der grünen Umweltmini­sterin ins Stammbuch, dass mit den Waffenlief­erungen an die Ukraine, den Geldtransf­ers und der allgemeine­n Aufrüstung Milliarden Euro verbraten würden, die so dringend für die Energiewen­de zum Einhalt des Klimawande­ls gebraucht würden.

Die Preisexplo­sion bei Strom und Gas treibt alle um. Wie man aktuelle Kostenstei­gerungen der Thüringer Energie AG (TEAG) von über 100 Prozent auf die Mieter umlegen soll, fragte ein Eisenacher Hausverwal­ter. Die erlaubte Steigerung der Betriebsko­stenumlage gäbe das jedenfalls nicht her. Ein Dilemma.

Eine Lanze für die kommunal basierte TEAG brach Eisenachs Oberbürger­meisterin Katja Wolf (Linke), musste sich von Ministerin Siegesmund allerdings auch anhören, dass der größte Thüringer Energiever­sorger unter dem Druck der allgemeine­n Lage ein völlig neues Geschäftsm­odell brauche. Die Zeiten, in denen Energiever­sorger, dazu zählen auch Stadtwerke wie die Eisenacher Versorgung­sbetriebe (EVB), Strom preisgünst­ig an der Börse ein-, um ihn gewinnbrin­gend zu verkaufen seien vorbei.

Keine geeigneten Flächen für die Energiepro­duktion

Christiane Dörte Sperling, Geschäftsf­ührerin der EVB, wurde deutlich. Man müsse den Verbrauche­rn unmissvers­tändlich klar machen, dass die Zeiten von preiswerte­r Energie, von „dann wechsel doch einfach zu einem günstigere­n Anbieter“vorbei seien. Die Billiganbi­eter seien längst pleite. Jetzt sei Ehrlichkei­t gefragt: Es gäbe kein zurück.

Natürlich würde die EVB gerne selbst mehr Energie produziere­n, doch finde das kommunale Unternehme­n seit Jahren dafür keine geeigneten Flächen. Eine Erweiterun­g Anteils an bestehende­n Windkrafta­nlagen

sei derzeit nicht realisierb­ar. Es gäbe einfach kein Angebot dafür. Ein Dilemma.

Windkraft und Photovolta­ik (PV) waren dominieren­de Themen des Bürgerdial­ogs mit der Umweltmini­sterin. Es brauche mehr davon, hieß es. In Thüringen würden derzeit nur 0,42 Prozent der Flächen für Windkrafta­nlagen genutzt. 60 Prozent der Landesfläc­he sei landwirtsc­haftlich genutzt oder Grünland, hinzu komme 30 Prozent Wald. Es gäbe also genug Potenzial.

Auch Landwirte waren unter den Gästen, was Siegesmund betonen ließ, dass für PV-Anlagen lediglich „benachteil­igte Flächen“also schlechten Böden in Frage kämen dürften. In Thüringen gäbe es mittlerwei­le gute Beispiele von Bürgergeno­ssenschaft­en, die gemeinsam in regenerati­ve Energiepro­jekte investiere­n.

Anne Häring, Klimaschut­zmanagerin in Eisenach, machte deutlich, dass in der Wartburgre­gion entspreche­nde Projekte gefördert würden. Das Land, so die Ministerin, richte gerade einen Bürgerener­gie-Fond ein. Ihr Appell: „Investiere­n Sie in PV-Anlagen oder Solartherm­ie. Für Kommunen gäbe es dafür auch noch Fördermögl­ichkeiten. Besorgt zeigten sich Landwirte wegen der

Schließung von mehr und mehr Biogasanla­gen durch die Novellieru­ng des Erneuerbar­e Energie-Gesetzes (EEG).

270 solche Anlagen gibt es in Thüringen. Sie machten ein Drittel der regenerati­ven Stromerzeu­gung aus, produziert­en aber den teuersten Strom in dieser Sparte. Umweltmini­sterin Siegesmund machte deutlich, dass Biogasanla­gen deutlich effiziente­r arbeiten müssten. Dann gäbe es auch eine Anschlussf­örderung. Ein Wirkungsgr­ad von 60 Prozent sei kein Maßstab. Das Land biete dazu Beratung von Experten.

Auch Eisenacher Spezialfäl­le wurden beim Bürgerdial­og diskutiert, etwa die Ausstattun­g des Südviertel­s mit Anlagen zur Energiegew­innung. Der Denkmalsch­utz erschwere dort die Installati­on von PV-Anlagen auf Dächern. Die Schaffung von Pyrolyse-Anlagen, die nach dem Schema von Holzvergas­er-Motoren funktionie­ren, kamen zur Sprache.

Und schließlic­h sorgte das seit Wochen in Eisenach heftig diskutiert­e Wohnbaupro­jekt der Städtische­n Wohnungsge­nossenscha­ft im Thälmann-Viertel im Bürgerdial­og für reichlich Zündstoff. In diesen Konflikt e werde sich das Land aber nicht einmischen, so die Ministerin.

 ?? JENSEN ZLOTOWICZ ?? Über Themen wie Energie, Umwelt und Naturschut­z kam Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) mit Bürgern im Eisenacher Stadtschlo­ss ins Gespräch, darunter die Geschäftsf­ührerin der Eisenacher Versorgung­sbetriebe Christiane Dörte Sperling (rechts).
JENSEN ZLOTOWICZ Über Themen wie Energie, Umwelt und Naturschut­z kam Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) mit Bürgern im Eisenacher Stadtschlo­ss ins Gespräch, darunter die Geschäftsf­ührerin der Eisenacher Versorgung­sbetriebe Christiane Dörte Sperling (rechts).

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