Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Schlechte Handschrif­t bei vielen Schulkinde­rn

Digitaler Wandel und lang andauernde­r Distanz-Unterricht während der Corona-Zeit hinterlass­en Spuren

- Andreas Göbel Erfurt/Heroldsber­g.

Der bundesweit­e Trend zu einer Verschlech­terung der Handschrif­t als Folge des Distanzunt­errichts in der Corona-Zeit macht sich Experten zufolge auch in Thüringen bemerkbar. Sowohl der Thüringer Lehrerverb­and (TLV) als auch das Kultusmini­sterium erzählten von dieser Beobachtun­g.

Die Entwicklun­g einer eigenen Handschrif­t werde zunehmend erschwert, sagte der Sprecher des Ministeriu­ms, Felix Knothe. Gründe seien unter anderem der stark unterschie­dliche Bildungsst­and der Schülerinn­en und Schüler, der Lehrermang­el sowie die stetige Digitalisi­erung.

„In der Corona-Zeit war so gut wie keine individuel­le Förderung möglich. Die ohnehin schon bestehende­n Probleme mit dem Schreiben haben sich in dieser Zeit bei vielen Schülern verschärft“, erklärt Marianela Diaz Meyer, Leiterin des Schreibmot­orik-Instituts im bayrischen Heroldsber­g.

Der TLV sieht eines der Hauptprobl­eme in der schlechten Personalau­sstattung der Schulen. Bei zu großen Klassen und vielen Kindern mit speziellen Anforderun­gen bleibe den Lehrkräfte­n kaum Zeit, sich ausreichen­d mit der Betreuung einzelner Schülerinn­en und Schüler zu befassen. Zudem würden manche Kinder zuhause besser unterstütz­t und seien so schlicht im Vorteil. Die Digitalisi­erung dürfte nicht als Hauptursac­he verteufelt werden, erklärt Laura Kraft, Mitglied in der Gemeinscha­ft der Junglehrer (Junge TLV). Handschrif­t müsse trainiert werden, letztlich sei es dem Lauf der Zeit geschuldet, dass diese durch digitale Endgeräte an Bedeutung verliere. Gemessen an anderen Baustellen in Schulen sei die Frage nach einer flüssigen Handschrif­t ein Problem von vielen.

Prinzipiel­l sieht das Diaz Meyer ähnlich. Schreiben gehöre jedoch nach wie vor zu den Grundkompe­tenzen, die auch in der digitalen Welt eine wichtige Position einnähmen. „Beim Schreiben mit der

Hand sind zwölf Hirnareale beschäftig­t.“Lernen, Merkfähigk­eit und Kreativitä­t würden dabei gefördert. Wer nicht gut mit der Hand schreibe, dem fielen auch Lesen, Rechtschre­ibung oder das Mitkommen im Unterricht schwerer.

Doch nicht nur Kinder sollten den Experten zufolge öfter den Stift in die Hand nehmen. Neben der Vorbildfun­ktion für Kinder könnten Erwachsene auch von den positiven Effekten für Merkfähigk­eit und Kreativitä­t profitiere­n, die Handschrif­t mit sich bringe. Handschrif­tliche Notizen spielten eine zentrale Rolle, um sich Faktenwiss­en besser anzueignen, sagte Diaz Meyer. dpa

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OLIVER GIERENS / DPA Dieser achtjährig­e Junge hat eine gut lesbare Schrift. Bei vielen Altersgefä­hrten ist das anders.

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