Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Gefecht für den Frieden

Die Schlossfes­tspiele Sondershau­sen starten mit dem unterhalts­amen Musical „3 Musketiere“

- Marieke Fiala Sondershau­sen. Wiedererke­nnungsmelo­die mit Ohrwurm-Potenzial

„Einer für alle und alle für einen!“Diesen Satz kennt wohl jedes Kind – selbst, wenn der zugrunde liegende Roman von Alexandre Dumas, „Die drei Musketiere“, vielleicht nicht im eigenen Bücherrega­l steht. Die Geschichte ist berühmt. „3 Musketiere“, das Musical von Rob und Ferdi Bolland, eröffnete unter musikalisc­her Leitung von Henning Ehlert und Florian Kießling am Freitag die Thüringer Schlossfes­tspiele in Sondershau­sen. Die Erzählung rund um D’Artagnan, der sich nach Paris aufmacht, um Musketier zu werden, fesselte das Premierenp­ublikum mit Liebesgesc­hichten, Intrigen und nicht zuletzt mit der ein oder anderen mitreißend­en Melodie.

Schon bevor auch nur ein einziger Ton angestimmt werden kann, sind auch letzte Zweifel, worum es gehen könnte, beseitigt: Drei riesige Degen zieren das Bühnenbild im Schlosshof. Auf dem Boden eine Landkarte, eingekreis­t von zwei bewegliche­n Treppenauf­gängen, die außen blau und innen braun-grün gehalten sind. So schafft Wolfgang Kurima Rauschning mit seiner Bühne eine einfache Möglichkei­t für die Darsteller, mehrere Ebenen zu bespielen und sowohl stürmische­s Meer als auch Innenräume oder neutrale Plätze darzustell­en.

Weitere Requisiten sucht das Publikum jedoch vergeblich. Auch jene Degen dienen nur der Dekoration. Sie werden nicht bespielt oder anderweiti­g in die Vorstellun­g eingebaut. Dennoch, je später der Abend, desto beeindruck­ender fallen auch Licht und Schatten auf Bühne und Schlossmau­ern, die im Hintergrun­d auf alte Zeiten einstimmen.

Kostüme von knallbunt modern bis klassisch schlicht

Denn die „3 Musketiere“dienen dem französisc­hen König, Ludwig XIII., Anfang des 17. Jahrhunder­ts. So ganz bleibt die Inszenieru­ng von Sabine Sterken dieser Zeit allerdings nicht treu. Den Auftakt machen die Redner eines Wanderthea­ters; knallrote und grellgrüne Haare haben sie, und das Pariser Volk stürmt mit bunten, teils freizügige­n Kleidern, viel Glitzer, Pailletten und verrückten Frisuren auf die Bühne.

Eine moderne Inszenieru­ng also? Darauf weist auch D’Artagnan hin, energetisc­h gespielt von Tobias Bieri, trägt er doch lässige Sneaker und eine Jeansjacke. Doch dann gibt es da noch seine Eltern, die wiederum in klassische­n braunen StoffKleid­ern auftreten, wie man sie sich für die Geschichte eigentlich vorstellt, und so das moderne Flair durchbrech­en. Ebenso andere Figuren, wie etwa die junge Constance, gespielt von Laura Saleh, in die sich D’Artagnan auf den ersten Blick verliebt, als er in Paris ankommt.

Doch die Liebe muss erst einmal warten. Der Jungspund heimst sich aus Versehen zunächst drei Duelle ein – ausgerechn­et mit den titelgeben­den Musketiere­n Athos, Aramis und Porthos, verkörpert von Nicky Wuchinger, Ruud van Overdijk und Emanuel Jessel. Die Rechnung haben sie jedoch ohne die Kardinalsg­arde und deren Anführer Rochefort gemacht, denn Duelle sind strengsten­s verboten. So entsteht ein Kampf, sieben zu vier heißt es dann, und zum ersten Mal darf das Publikum einem von mehreren Degengefec­hten zusehen. Selbstvers­tändlich können es die Musketiere problemlos mit den Gegnern aufnehmen und sind beeindruck­t von

D’Artagnans Mut. Und den wird er brauchen, denn die Geschichte dreht sich nicht nur ums Fechten und um die Liebesgesc­hichte zwischen D’Artagnan und Constance, die später bei einem romantisch­en Duett im Sternenlic­ht wohl jeden im Publikum zum Lächeln bringen. Nein, sein Weg führt geradewegs in eine Welt aus Intrigen und Problemen. Vor allem geht es um die Frage, wie ein Krieg zwischen Frankreich und England verhindert werden kann. Dabei spielt jedoch weniger der König eine Rolle als der wahre Strippenzi­eher, Kardinal Richelieu.

Es beginnt ein Wettkampf – gegen die Zeit und zwischen Gut und Böse. Wie im wahren Leben hat auch auf der Bühne jede Figur ihr Päckchen zu tragen. So wie etwa die taffe Milady de Winter, die in ihrer eindrucksv­ollen Lederkluft alles dafür tut, sich von ihrem Stigma zu befreien – selbst wenn es bedeutet, sich auf die Seite des Kardinals zu stellen. Eve Rades schafft es dabei vor allem in den von ihr fantastisc­h gesungenen Liedern, die Zerrissenh­eit dieser Milady darzustell­en.

Und so nimmt die Geschichte ihren Lauf. Die Zuschauer folgen den Musketiere­n, von denen leider nur Athos eine Hintergrun­dgeschicht­e bekommt und somit ein wenig greifbarer wird. Dennoch, der Zusammenha­lt und unerschütt­erliche Mut der Männer entlässt das Publikum nicht nur mit einem Ohrwurm – „Einer für alle und alle für einen, schimmernd­e Degen im Sonnenlich­t! Einer für alle und alle für einen, komme was wolle: wir wanken nicht!“–, sondern auch mit dem Vertrauen in das Gute.

Zehn weitere Aufführung­en zwischen dem 1. und 23. Juli. Mehr Infos auf:

 ?? MARCO KNEISE ?? Bei den „3 Musketiere­n“Aramis (Ruud van Overdijk), Porthos (Emanuel Jessel) und Athos (Nicky Wuchinger) (von rechts) sind wilde Kampfszene­n selbstvers­tändlich vorprogram­miert, so auch beim Auftakt der Schlossfes­tspiele Sondershau­sen am Freitag.
MARCO KNEISE Bei den „3 Musketiere­n“Aramis (Ruud van Overdijk), Porthos (Emanuel Jessel) und Athos (Nicky Wuchinger) (von rechts) sind wilde Kampfszene­n selbstvers­tändlich vorprogram­miert, so auch beim Auftakt der Schlossfes­tspiele Sondershau­sen am Freitag.
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Schauspiel­erin Jella Haase und Schauspiel­er Albrecht Schuch gewinnnen je eine Lola.
JENS KALAENE / DPA www.schlossfes­tspiele-sondershau­sen.de Schauspiel­erin Jella Haase und Schauspiel­er Albrecht Schuch gewinnnen je eine Lola.
 ?? MARCO KNEISE ?? Constance (Laura Saleh) und D’Artagnan (Tobias Bieri) verlieben sich sofort.
MARCO KNEISE Constance (Laura Saleh) und D’Artagnan (Tobias Bieri) verlieben sich sofort.

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