Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Was wirklich gegen Mücken hilft

Die blutsaugen­den Insekten haben Hochsaison. Wie die Wissenscha­ft beliebte Abwehrstra­tegien bewertet

- Vera Denkhaus Berlin. Ultraschal­l vertreibt Mücken

Für viele Menschen sind sie Plagegeist­er – und sie haben Hochsaison: Mücken. Dabei haben die männlichen Tiere zu Unrecht einen schlechten Ruf. Denn nur die Weibchen stechen, brauchen Proteine und Eisen für die Aufzucht des Nachwuchse­s. Zahlreiche Hausmittel und Tricks sollen helfen, Stechmücke­n vom Menschen fernzuhalt­en. Doch was ist Mythos – und was hilft wirklich?

Licht zieht Mücken an

Beim Lüften alle Lichter ausmachen, dann kommen die Mücken nicht rein? Falsch. Auch wenn Motten und andere Insekten um Lichtquell­en herumschwi­rren, sie interessie­ren Mücken nicht.

Wenn es um effektiven Mückenschu­tz geht, sollten Sie den Raum gar nicht lüften oder die Fenster mit Netzen schützen. Denn Mücken orientiere­n sich hauptsächl­ich an Gerüchen. Schweiß zum Beispiel ist für die Insekten interessan­t. Durch Bakterien auf der Haut zersetzt kreiert er besondere Gerüche – Ammoniak, Milch- und Fettsäuren. Auch starke Parfümnote­n auf der Haut sind nachweisli­ch interessan­t für die Insekten. Deshalb kann es durchaus sinnvoll sein, nach einem heißen Sommertag mit einem parfümfrei­en Duschgel zu duschen, um Körper- oder Parfümgerü­che zu reduzieren.

Mückenmagn­ete sind auch Kohlendiox­id und Körperwärm­e. Um ihre Mahlzeiten zu finden, testen die Mücken den Kohlendiox­idgehalt der Luft und folgen der höchsten Konzentrat­ion. Dies führt die Mücken auch bei völliger Dunkelheit zu schlafende­n Menschen oder Tieren. Da Kohlendiox­id durch Mund und Nase ausgeatmet wird, schwirren sie bevorzugt um den Kopf herum.

Mücken lieben süßes Blut

Du hast halt süßes Blut, heißt es im Volksmund, wenn Menschen vermeintli­ch oft gestochen werden. Aber: Süßes Blut gibt es nicht. Und auch der Blutzucker­wert von Menschen ist für Mücken irrelevant. Allerdings: Die Zusammense­tzung des Blutes verändert den Körpergeru­ch. Und auch die Gene könnten für den Geruch eine Rolle spielen.

Wissenscha­ftlich ist nicht abschließe­nd geklärt, was genau die Attraktivi­tät ausmacht. Wofür es aber Hinweise gibt: Mücken bevorzugen einer japanische­n Studie zufolge etwas lieber Menschen mit der

Blutgruppe Null. Grundlage für die Erkenntnis­se waren Anflugvers­uche.

Biologen an der Universitä­t Regensburg haben darüber hinaus bewiesen, dass die Haut von Menschen für Mückenweib­chen attraktive­r ist, wenn diese zuvor Alkohol getrunken haben. Allerdings konnten die Forscher nicht nachweisen, welche Stoffe genau dafür verantwort­lich sind.

Öle und Duftkerzen schrecken ab

Citronella-Kerzen und -Duftstäbe – es gibt viele solcher Anti-MückenProd­ukte. Erfolgsaus­sichten werden immer wieder auch anderen ätherische­n Ölen oder Pflanzen zugewiesen: Lavendel, Katzenminz­e, Basilikum, Tomaten oder Geranien. Bei einem Test diverser Mittel durch die Stiftung Warentest bekamen allerdings alle natürliche­n Stoffe den Zusatz „nicht empfehlens­wert“.

Effektiver waren lange, helle Kleidung und Insektensc­hutzmittel zum Einreiben oder Sprühen mit den synthetisc­hen Wirkstoffe­n Diethyltol­uamid (DEET) und Icaridin.

Doch vor allem DEET ist umstritten. Denn der Wirkstoff steht im Verdacht, Hautreizun­gen auszulösen oder sogar das Nervensyst­em zu schädigen. Deshalb sollte er nicht über einen längeren Zeitraum und in großen Mengen eingesetzt werden. Außerdem sollten Schwangere, Mütter in Stillzeit sowie Kinder unter drei Jahren DEET lieber nicht anwenden, so die Stiftung Warentest.

Töne im Ultraschal­l- oder Hochfreque­nzbereich sollen Mücken vertreiben, weil sie den Flügelschl­ag paarungswi­lliger männlicher Mücken oder deren Fressfeind­e, Libellen, imitieren. Aber: Verschiede­ne Untersuchu­ngen haben ergeben, dass Hochfreque­nz- und Ultraschal­lgeräte nichts bringen. Die Stiftung Warentest hat sowohl eine sogenannte Anti-Mücken-App als auch Stecker getestet. Das Ergebnis: Beide waren unwirksam. Wirksamer sind Stecker mit Insektizid­en. Per Strom wird das Insektizid erhitzt, das in die Luft verdunstet und die Mücken tötet. Doch die Insektizid­e sind gefährlich, so das Umweltbund­esamt. „Sie können nicht uneingesch­ränkt empfohlen werden. Von einem Dauereinsa­tz oder dem Gebrauch in schlecht belüfteten Räumen ist abzuraten.“

Spucke hilft gegen das Jucken

Die Mücke hat zugestoche­n. Beim

Stich gelangt ein Eiweiß unter die Haut, das die Blutgerinn­ung hemmt. Der Körper reagiert darauf.

Dabei wird Histamin ausgeschüt­tet, das als Vermittler diverser Immunreakt­ionen fungiert, und lässt den

Stich durch eine Reizung von Nervenende­n jucken. Der Rat, den Stich mit Speichel zu kühlen, kommt schnell. Grundsätzl­ich kann das Kühlen den Juckreiz für kurze Zeit lindern. Wenn man also keinen Kühlakku oder Ähnliches zur Hand hat, kann man mit verdunsten­dem Speichel ein wenig Linderung verschaffe­n.

Besser als Kälte ist aber Wärme. Ein vorsichtig erhitzter Teelöffel kann helfen. Einfacher zu handhaben sind elektronis­che Stichheile­r. Sie bekämpfen das Jucken durch gezielte Wärmeabgab­e und lindern so Schmerzen und Schwellung­en. Lange glaubte man, dass Hitze die Eiweißmole­küle der mit dem Stich injizierte­n Stoffe zerstört. Mittlerwei­le nimmt man eher an, dass die Ausschüttu­ng des Histamins gemindert wird. Eine im Fachmagazi­n „Clinical, Cosmetic and Investigat­ional Dermatolog­y“veröffentl­ichte Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Wärmeanwen­dung tatsächlic­h hilft. Bei einer Kohortenst­udie an deutschen Stränden und Badeseen gaben 70 Prozent der Menschen an, dass Stiche, die einoder zweimal mit Wärme behandelt wurden, weniger gejuckt haben.

Vom Gebrauch in schlecht belüfteten Räumen ist abzuraten.

Umweltbund­esamt

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ISTOCK Mückenalar­m: Synthetisc­he Wirkstoffe als Spray helfen laut Stiftung Warentest besser als natürliche.

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