Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Das gute und nicht so gute Kind unserer Demokratie
Was wäre denn, wenn Bürger immer öfter mal bei Volksentscheiden zu Sachfragen abstimmen dürften?
Ein Leser schreibt zur Debatte um mehr direkte Demokratie mit ironischem Unterton:
Georg Maier von der SPD verteidigt die aktuell ausgeübte „repräsentative Demokratie“. Als ehemaliger DDR-Bürger kannten wir bereits diesen Weg, haben dies doch ähnlich selbst durchlebt. Wie sich viele ältere Bürger erinnern werden, wählten wir doch auch gerne „repräsentativ“, obwohl wir damals noch nicht wussten, was das ist. Nun, es wurde von der Regierung eben mal so vorgegeben, indem wir den „Kandidaten der Nationalen Front“, so hießen die damals, unsere Stimme abgaben. Und das war doch auch gut so, hat doch auch 40 Jahre lang funktioniert …
Herr Maier sprach auch das weniger gute Kind der Demokratie an, das wäre die „direkte Demokratie“, und diese sei gar nicht gut für unsere
Bürger. Ja, dann könnte es ja sogar zu bestimmten Sachfragen Volksentscheide geben, so wie in der Schweiz bereits praktiziert. Und das wäre meiner Meinung nach einerseits schlecht, wenn wir als Wähler gegen die Meinungen und Vorschläge unserer regierenden Politiker entscheiden müssten. Die wären doch dann ganz enttäuscht von uns und verstimmt. Und das ist andererseits auch nicht gut für uns, denn verstimmte Politiker regieren bestimmt nicht gerne, und wir alle wollen doch, dass unsere Politiker mit Freude regieren. Im schlimmsten Falle könnten diese von uns enttäuschten Politiker gar zurücktreten wollen durch diesen Ärger. Und dann müssten sie ja in die Arbeitslosigkeit gehen und nicht mehr ihre Diäten beziehen, mit denen sie bislang ihr Auskommen fristen mussten. Denn dann drohen ihnen nur noch Abfindungen, die sie zwar jahrelang erhalten, aber könnten aus Verzweiflung sich vielleicht noch an einen Strohhalm klammern, indem sie sich in irgendwelche Aufsichtsräte von Großkonzernen retten.
Und das wollen wir doch als gute und treue Bürger unserer „repräsentativen“Demokratie und deren Befürwortern doch wohl nicht antun …
Jürgen Stötzel, Seebach