Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
„Ösis Spezialitäten“im Ruhlaer Landgrafen
Familie aus der Alpenrepublik ist neuer Betreiber des historischen Gasthauses
Aus Sachsen, dem Erzgebirge, Bad Schlema wollte Familie Balvin weg. Was der siebenköpfigen Gastronomenfamilie aus Österreich als Betreiber eines im September 2021 eröffneten Lokals am Ende für Vorbehalte und Vorurteile entgegenschlugen, sei nicht mehr feierlich gewesen, berichtet Sven Balvin (26), ein gebürtiger Wiener. Vor viereinhalb Jahren war die Familie aus der Alpenrepublik nach Deutschland gekommen. „In Schlema waren wir die Ausländer“, berichtet Mutter Isabella, die Küchenchefin.
Weg aus dem schwierigen Erzgebirge
Nun ist Familie Balvin in Ruhla angekommen. Am Dienstag eröffnete das Team die ehemalige „Einkehr zum Landgrafen“wieder mit dem kleinen Vorsatz „Ösis Spezi’s“, denn die Gastronomen bieten eine komplett österreichische Küche, Tiroler Gröst’l oder Steirische Krensuppe inclusive. Ende 2021 war der Kontakt zu Ruhla hergestellt worden. Im Wissen um die Endlichkeit des Schaffens im „politisch schwierigen Erzgebirge“– Was, ihr seid geimpft? – fanden Balvins im Netz eine ebay-Anzeige. Restaurant in Ruhla zu verpachten. Mit den Eigentümern habe man schnell einen guten Draht gefunden. Die Chemie stimme.
Die bisherigen Betreiber und Bewohner des Landgrafen hatten das Geschäft aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Das Gasthaus war ziemlich heruntergekommen, erzählen die Balvins. Es gab einiges zu tun. Man habe das Lokal ziemlich auf den Kopf gestellt. Der Elektriker sei in der Küche noch gefordert.
Isabella und drei ihrer Kinder führen das Lokal, Sven ist der Chef, gelernter Koch und Fleischer. Der Vater der Familie ist Einrichtungsberater, ein Sohn in der Ausbildung zum Masseur und Physiotherapeut. Beim ThSV Eisenach spielt das Talent Handball in der B-Jugend, ist in Kürze schon Stammspieler geworden. Eine Tochter (12) geht noch zur Schule, in Kürze in Seebach.
Zur Eröffnung am Dienstag strömten reichlich Gäste in den österreichischen Landgrafen. Das Bestellbuch sei gut gefüllt, die Speisekarte im Vergleich zum Lokal im Erzgebirge noch ausgeweitet, die besonderen Veranstaltungen wie Oktoberfest oder Martin’s Gans-Essen sind eingeloggt. Im Landgrafen dominiert rot-weiß-rot. Auch beim Wein.
Beim Bier sind Balvins nicht an eine Brauerei gebunden. Ein Freund des Chefs in Bayern braue für dem Ösi in Ruhla ein eigenes Hausbier. Die Stadt Ruhla, erzählt Sven Balvin, trage sich sogar mit dem Gedanken, dieses Bier in der Tourist-Info zu vertreiben. Aber ganz so weit ist es noch nicht. Da ist die geplante Erweiterung des Biergartens mit seinen derzeit 50 Plätzen in näherer Reichweite.
Mit der Nachbarschaft haben Balvins bereits Kontakte geknüpft und den ein oder anderen Schnaps aus Österreich getrunken. Man sei auch in dieser Hinsicht guten Mutes, schließlich könnte es im Wirtshaus ja mal länger gehen. Ist Hilfe im Service gefragt, springen auch der Ehemann und die beiden anderen Kinder mal mit ein. Das seien bei einer so angespannten Personalsituation in der Gastronomie eben Vorteile. Vorerst wohnt die Familie mit im Landgrafen, verkauft aber ihr Haus in Sachsen und sucht dann etwas eigenes in der Gegend.