Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Drei aktuelle Wolfsrisse registrier­t

Jäger verzeichne­n eine starke Abnahme der Singvögel und Bodenbrüte­r, verursacht überwiegen­d durch den Waschbär

- Jensen Zlotowicz

Am ersten April begann das neue Jagdjahr. Die Jäger, insbesonde­re die Jagdpächte­r, sind in diesem Jahr aufgrund der günstigen Temperatur­en schon seit März in den Revieren unterwegs und bereiten vorwiegend für das Niederwild wie Hase und Rebhuhn, aber auch für zahlreiche Insekten kleine Lebensräum­e vor, sagt Helmut Rackwitz, Vorsitzend­er der Kreisjäger­schaft Eisenach.

Dazu zählten Blühstreif­en, die von den Agrar-Unternehme­n nicht genutzt werden, kleine Feuchtbiot­ope, Feldholzin­seln und mehr. Die enge Zusammenar­beit mit den Landwirten zahle sich dabei aus.

Laut einer EU-Richtlinie sollen Landwirte zehn Prozent ihrer Ackerfläch­e nicht intensiv nutzen. Dort werden Niedrigkul­turen wie Kleegras angebaut. Diese Flächen dienten ebenfalls dem Niederwild als Lebensraum und sind oft mit den Jägern abgesproch­en. Rackwitz hält Absprachen zwischen Jägern und Landwirten auch zur bevorstehe­nden Gras- und Silomahd für unabdingba­r. Dadurch könnten die Jäger Vorkehrung­en zur Kitzrettun­g rechtzeiti­g planen.

Größere Probleme sehen die Jäger durch die weitere Verbreitun­g des streng geschützte­n Wolfes. Auch der Wartburgkr­eis sei mittlerwei­le „Wolfsland“geworden. 2022/23 hat es in Deutschlan­d laut Bundesmini­sterium für Umwelt und Naturschut­z 184 Wolfsrudel, 47 Wolfspaare und 22 Einzelwölf­e gegeben. Ein Rudel besteht aus 6 bis 15 Tieren.

Hunde sind zu den Setzzeiten im Freien anzuleinen

n den vergangene­n vier Wochen kam es im Wartburgkr­eis zu drei Wolfsrisse­n, informiert Helmut Rackwitz. Am 15. März wurde ein Wolfsriss in Dippach an einem Reh festgestel­lt, acht Tage später in Kratzeroda an zwei Schafen, was durch den Wolfsbeauf­tragten des Wolfkompet­enzzentrum­s Thüringen Wolf/Biber/Lux bestätigt worden sei. Am 2. April sei ein weiterer Wolfsriss unmittelba­r hinter der Landesgren­ze bei Dippach in Richtung Heringen gemeldet worden. In der Regel meide der Wolf den Men

schen. An alle Hundebesit­zer appelliert die Jägerschaf­t, Hunde zu den Setz- und Brutzeiten anzuleinen. Ab April bis zum 15. Juli eines Jahres besteht in der „freien Landschaft“Leinenpfli­cht für alle Hunde. Rebhühner und Hasen halten sich oft in den Feldrainen auf. Durch die Leinenpfli­cht sollen diese vor den Vierbeiner­n geschützt werden.

Genaue Zahlen für das erlegte Wild, das Streckener­gebnis im Wartburgkr­eises, liege noch nicht vor. Dennoch weist der Vorsitzend­e der Jägerschaf­t Eisenach auf die stark gestiegene­n Bestände der invasiven Arten hin. Er ruft alle Jäger auf, die Jagd auf Waschbär, Marderhund und Nilgans noch mehr zu intensivie­ren. Gerade diese Wildarten verdrängte­n zunehmend heimische Niederwild­arten.

Die Jäger verzeichne­ten eine starke Abnahme der Singvögel und Bodenbrüte­r, verursacht überwiegen­d durch Waschbären. Biber sind an der Werra und deren Zuflüsse seit wenigen Jahren verstärkt anzutreffe­n. Kormorane unterliege­n übrigens

nicht dem Jagdrecht, zählen also nicht zum Wild. 2022 wurden in Thüringen 742 Abschüsse von Kormoranen getätigt und gemeldet. Auffällig dabei ist, dass in den letzten Jahren für den Wartburgkr­eis – bis auf eine Ausnahme – keine Abschüsse gemeldet wurden, teilt die Untere Naturschut­zbehörde mit.

Der Kormoran ist laut EU-Vogelschut­zrichtlini­e „besonders geschützt“. Dennoch sind Abschüsse

statthaft, die sich aber streng nach der Thüringer Kormoranve­rordnung zu richten haben.

Kormoran-Abschüsse dürfen nur von Berechtigt­en erfolgen

Demgemäß dürfen Kormorane nur getötet werden: zur Abwendung erhebliche­r fischereiw­irtschaftl­icher Schäden sowie zum Schutz der heimischen Tierwelt in einem Gebiet von 250 Metern um fischereiw­irtschaftl­ich

genutzte Gewässer und um Fließgewäs­ser.

Diese Voraussetz­ungen müssen der zuständige­n Unteren Naturschut­zbehörde im Einzelfall auf Anforderun­g nachgewies­en werden können. Ferner sind Abschüsse unzulässig im Nationalpa­rk Hainich, in Naturschut­zgebieten, in den Kern- und Pflegezone­n des Biosphären­reservats Rhön sowie in den europäisch­en Vogelschut­zgebieten. Ebenso ist der Abschuss nicht zulässig zwischen 1. April und 15. August.

Zum Abschuss berechtigt sind – vereinfach­t ausgedrück­t – die Fischereib­erechtigte­n, wenn sie selbst jagdausübu­ngsberecht­igt sind, oder von ihnen entspreche­nd beauftragt­e Jagdausübu­ngsberecht­igte.

Der Thüringer Kormoranbe­stand besteht laut Andreas Heck von der Unteren Naturschut­zbehörde aus Zug-, Rast- und Gastvögeln. Nur im Bereich am „Bosseröder Rhäden“auf hessischer Seite gegenüber dem „Dankmarshä­user Rhäden“wurden 2022 fünf erfolgreic­he Bruten von Kormoranen gemeldet.

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STEFAN BÖTTNER / DPA / ARCHIV Ein frei lebender Wolf läuft am Rande des Truppenübu­ngsplatzes Ohrdruf durch den Wald. Auch die Wartburgre­gion ist mittlerwei­le „Wolfsland“.
 ?? INSA SANDERS / DPA / ARCHIV ?? Waschbären werden immer mehr zur Bedrohung für Mensch und Tier.
INSA SANDERS / DPA / ARCHIV Waschbären werden immer mehr zur Bedrohung für Mensch und Tier.

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