Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Von der Kindersportschule zum Gymnasium „Pierre de Coubertin“
Warum es Helmut Nagel schon als Kind zum Wasser zog, wird nach einem kurzen Blick in seine Familiengeschichte schnell klar: „Mein Großvater war der erste Pächter im Nordbad. Meine Mutti arbeitete dort als Bademeisterin“, erklärt er.
Als er im Nordbad als kleiner Junge seine Bahnen zog, war an ein beheiztes Becken oder eine Filteranlage noch nicht einmal zu denken. Nach dem Schwimmen blieben eben ein paar grüne Schlieren im Gesicht. Halb so wild. Später schwamm er im Espachbad, wo sein Papa Bademeister war und die Mama kassierte.
Nach Sportarten wurde im Anfangsjahr noch nicht unterschieden, erinnert sich Helmut Nagel. „Als wir erst kurz auf der neuen Schule waren, reisten wir zum zweiwöchigen Trainingslager an die Güstrower Sportschule. Da sollten wir Basketballer werden.“Dass er das Güstrower Krankenhaus kennenlernte, war dem ungestümen Spiel zu verdanken. Ein Klassenkamerad erwischte ihn mit dem Ellenbogen an der Nasenwurzel. Zum Glück war nichts gebrochen.
Auch in Jena, Zella-Mehlis, Halberstadt und anderen Orten in der DDR waren zu diesem Zeitpunkt die Kinder- und Jugendsportschulen im Aufbau befindlich. Bei Wettkämpfen traf man auf deren Sportler.
Die Erfurter Sportschüler gehörten alle dem Verein SC Turbine Erfurt an. „Es gab schon Spartakiaden. Obwohl ich Schwimmer war, durfte ich da als Mittelstreckenläufer mit antreten. Die Schwimmer trainierten übrigens im Hermannsbad hinterm Dom, da gab es eine 25Meter-Bahn. Sobald die Jahreszeit passte, ging es ab ins Nordbad. Wenn es zu kalt war, sagte die Trainerin: „Schwimmt ein bisschen schneller, dann wird es euch warm.“
Helmut Nagel erinnert sich auch gern an das Thüringer Schwimmtreffen, das immer Karfreitag stattfand. Einmal reisten die Schwimmer sogar nach Schweden, was mit einem Artikel in einer dortigen Zeitung gewürdigt wurde. Das war 1961, kurz vor dem Mauerbau. Die erste DDR-Meisterin, die die KJS hervorbrachte, war Christa Thielecke. Sie holte den Titel im Diskuswerfen mit 40,24 Metern. Im Pierre-de-Coubertin-Gymnasium künden heute Tafeln auf den Fluren von Erfolgen vieler Ehemaliger. Nicht erst vor dem Jubiläum haben die Schüler des Gründungsjahrgangs regen Kontakt. Das erste Mal trafen sie sich 1977 im Vilnius, dann immer wieder – und seit 2008 mindestens einmal im Jahr.
An Trainingslager in Oberhof, Gehlberg und anderswo erinnern sie sich bei diesen Gelegenheiten gern. „Weißt du noch in Crispendorf...“– auf den zahlreichen Begegnungen des Gründerjahrgangs kam immer wieder die Sprache auf die Zeit im damaligen Vorzeigeferienlager der Wismut in Ostthüringen.
Da das Ferienlager heute als Ferienland betrieben wird und sogar die alte Wisenta-Grubenbahn als Attraktion noch ihre Runden dreht, wurde das Klassentreffen im Jahr 2010 mit Übernachtung in Crispendorf Helmut Nagel besuchte die Kindersportschule in der Karlstraße. Er war Schwimmer. Foto: Lydia Werner
absolviert. Prompt gab es noch ein paar Gründe mehr, sich an Crispendorf zu erinnern.
Morgen besuchen einige Ehemalige die Geburtstagsparty in
1956 wurde die Kindersportschule Erfurt im hinteren Teil der Lutherschule an der Karlstraße 10a eröffnet. Schon ein Jahr später hieß sie Kinder- und Jugendsportschule (KJS) wie weitere im Lande. Später wurde an der Mozartallee gebaut. 1977 wurde dort die KJS „Fritz Noack“eingeweiht. Seit 1993 heißt das Sportgymnasium „Pierre de Coubertin“. In Teilschritten wurde seit 2004 saniert.
der Schule. Möglicherweise sehen sie sich auch beim Jubiläums-Ehemaligentreffen am Samstag im Atrium der Stadtwerke.
Zum Auftakt war die Turnhalle an der Reihe. Als Ausweichquartier diente die Alte Parteischule in der Nachbarschaft. Am Freitag steigt um 15 Uhr eine Geburtstagsparty in der Schule, die laut Sportkoordinator Thomas Belitz heute ausgezeichnete Bedingungen für die jungen Sportler bietet. Für die Ehemaligen gibt es Samstagabend eine Feier im Atrium der Stadtwerke.