Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Gewaltakte gegen Burschenschafter
Nach Gründungswochenende in Jena: Polizei bestätigt zwei Übergriffe – Verbandssprecher nennt weitere Straftaten
JENA. Die Polizeipräsenz bei der Gründungsveranstaltung war in Jena unübersehbar. Von Freitag bis zum Tag der Deutschen Einheit hatten sich Burschenschafter aus ganz Deutschland in Jena versammelt – sie gründeten einen neuen Dachverband.
Dass das Gründungswochenende in der Thüringer Universitätsstadt – sie ist Heimstaat der Urburschenschaft, die im Jahr 1815 ausgerufen wurde – allerdings nicht ohne Zwischenfälle abgehen würde, hatten wohl die Burschenschafter, aber auch die Polizei im Vorfeld geahnt.
Die Sprecherin der Landespolizeiinspektion Jena, Steffi Kopp, bestätigte gestern auf Anfrage der TLZ, dass es eine verstärkte Polizeipräsenz in der Stadt gegeben habe. Hintergrund sei das Burschentreffen gewesen. Fünf Straftaten sind in dem Zusammenhang bei der Polizei zur Anzeige gebracht worden. Der Sprecher des Verbandes, Michael Schmidt, teilt indes mit, dass es insgesamt sechs Vorfälle gegeben habe.
Zwei Kleinbusse wurden beschädigt, einer sei zerkratzt, der andere mit „demokratiefeindlichen Parolen“verunstaltet worden. Mehrere Burschenschafter aus Karlsruhe seien indes „nur knapp einem vorbereiteten Hinterhalt“entgangen. Vor einem Verbindungshaus in Jena habe eine Gruppe von „rund zehn mutmaßlichen Linksextremisten“gewartet. Diese seien mit Baseballschlägern bewaffnet gewesen. „Die Polizei eskortierte die jungen Studenten mit zwei Streifenwagen dann Richtung Nachtquartier“, so Schmidt. Es habe auch einen Angriff auf ein 28-jähriges schwer behindertes Verbindungsmitglied gegeben. Dieses sei von einem Täter zusammengeschlagen worden und musste ins Krankenhaus.
Die Polizei bestätigte, dass dem Opfer fünf Mal ins Gesicht geschlagen wurde und es als Nazi beschimpft worden sei.
Ein 21-Jähriger aus Köln ist nach Angaben von Schmidt nur knapp einer Gruppe von Angreifern entkommen. Zwei weitere Verbandsbrüder seien auf offener Straße zusammengeschlagen worden, dabei sei eine Studentenmütze entwendet worden. Außerdem sei es aus einer etwa zehn Personen starken Gruppe zu Glasflaschenwürfen auf zwei Studenten aus Stuttgart gekommen.
Die Vorfälle hätten sich laut Polizei am Rande der offiziellen Veranstaltungen ereignet. Dort sei es zu keinen Störungen gekommen. „Insofern sieht das Fazit der Polizei zunächst positiv aus“, so Steffi Kopp.
Bereits beim abschließenden Festakt des Burschentreffens erklärte Matthias Sambale, er ist Mitglied der dem Verband vorstehenden Burschenschaft Germania Saarbrücken: „„Es ist unfassbar, mit welcher menschenverachtenden Brutalität gegen Andersdenkende vorgegangen wird und mit welcher Gleichgültigkeit hierzulande linke Gewalt hingenommen, geduldet und teilweise gefördert wird.“
In einer offiziellen Verbandsmitteilung, die von Sprecher Michael Schmidt ausgesendet wurde, heißt es, dass man sich das Recht auf Treffen in Jena nicht nehmen lasse, man aber befürchte, dass die Straftäter „aus polizeibekannten Kreisen“gedeckt würden.