Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Mit mehr Verlagen auf der Buchmesse
Niederlande und Flandern sind Ehrengäste
FRANKFURT/MAIN. Fritten und Bier, sagen Flamen und Niederländer gern spöttisch auf die Frage, was sie verbindet. Nur fügen die Flamen dann hinzu, dass das in Belgien doch viel leckerer sei. Außer einer gesunden Portion Spott gegenüber dem Nachbarn und der großen Freude an Geselligkeit, teilen Flamen und Niederländer natürlich die Sprache. In diesem Jahr sind sie Ehrengast der Frankfurter Buchmesse.
„Dies ist, was wir teilen“, ist der Slogan der Gäste. Und sie haben viel gemeinsam. Flamen und Niederländer sind neugierig auf Geschichten, sie sind lesefreudig, die Medien umarmen neue Autoren. Schriftsteller mischen auch in aktuellen Debatten kräftig mit. Faktisch haben sie auch einen gemeinsamen Literaturmarkt mit Verlagen, Lesern, Preisen und der Buchwoche im März – ein Volksfest für Leser und Autoren. Und für beide ist Deutschland ein wichtiger Absatzmarkt. Denn der eigene Markt ist mit rund 20 Millionen niederländischsprachigen Lesern relativ klein.
Bereits zum zweiten Mal nach 1993 präsentieren sich die Niederlande und Flandern in Frankfurt. Anders als damals ist die Literatur der „niedrigen Länder“mittlerweile fest auf dem deutschen Markt etabliert. Hugo Claus, Leon de Winter und Connie Palmen sind auch dort Bestsellerautoren.
Diesmal aber wollen die Organisatoren Lust auf neue Autoren und ihre Geschichten machen. Sie reisen mit einer Rekordzahl von mehr als 450 Neuerscheinungen nach Frankfurt, darunter auch viele von in Deutschland noch unbekannten Autoren.
Die junge flämische Lyrikerin Charlotte Van Den Broeck etwa wird neben dem niederländischen Bestsellerautor Arnon Grünberg Gastrednerin sein. Zu den Neulingen gehört auch Fikry El Azzouzi. Der marokkanisch-flämische Autor erzählt in seinem Roman „Wir da draußen“die Geschichte einer Jugendclique und ihrer Radikalisierung.
„Literatur ist sehr wichtig für unsere flämische Identität“, erläutert der Bestsellerautor Stefan Hertmans („Der Himmel meines Großvaters“). Die Emanzipation der Flamen gegen die frühere Dominanz der französischsprachigen Wallonen ist ein großes Thema der Autoren, und immer noch das Trauma des Ersten Weltkrieges. „Wir ringen mit unserer Geschichte, dem Schweigen über die Kollaboration mit den Deutschen“, sagt Hertmans.