Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Hohelieder auf die Friedenstaube
Scherenschnittkünstlerin und Autorin Erika Schirmer präsentiert neue Ausstellung „Auf dem Wege zu Martin Luther“
ALTSTADT. Ihre Rührung konnte und wollte Erika Schirmer nicht verbergen, als sie das von ihr verfasste Lied „Kleine weiße Friedenstaube“in einer besonderen Instrumentalversion hörte, dargeboten von der Harfenistin Klara vom Querenberg (bürgerlich: Sabine Lindner bekannt).
Die Sängerin und Interpretin von Klängen aus einem Jahrtausend eröffnete gestern in der Kinder- und Jugendbibliothek die Vernissage „Auf dem Wege zu Martin Luther“, geschaffen von der in Nordhausen lebenden Scherenschnittkünstlerin Erika Schirmer.
Natürlich sang die 91-Jährige selbst alle Strophen des Friedensliedes mit, als das Trio Heide Krambehr, Ulrika und Rolf Lucas – außerhalb des Programms – mit einigen Beiträgen aufwartete, die sonst bei Auftritten der Phönix-Singer zu vernehmen sind. Erika Schirmer, 1926 in der Nähe von Zielona Góra (Grünberg) in Schlesien geboren, verschlug es im Gefolge des Zweiten Weltkriegs nach Nordhausen. Ihr neues Zuhause, ebenso vom Krieg gezeichnet wie ihre ursprüngliche Heimat, inspirierte sie 1948 zu jenem Lied, mit dem die junge Kindergärtnerin und Sonderpädagogin Erika Mertke Generationen von Kindergartenkindern und Schülern eine tiefe Friedensliebe ins Herz zu pflanzen suchte. Ein Plakat mit Picassos Friedenstaube regte sie dazu an.
Ebenso unabhängig vom „Protokoll“wurde die Ehrenbürgerin der Städte Nordhausen und Czerwiensk (Polen), Trägerin des Bundesverdienstkreuzes, schon vor Beginn der Präsentation in der Kinder- und Jugendbibliothek mit Blumen von Gästen der Vernissage überhäuft. Christine Neumann, seit sechs Jahren mit der Schöpferin von Kunstblättern und Buchillustrationen befreundet, darf sich rühmen, auf privater Basis Erfurter Botschafterin für Erika Schirmer zu sein. Sie sorgte nach dem Augenund dem Ohrenschmaus für lukullische Genüsse mit Lutherkeksen, angelehnt an Katharina von Bora, die des Reformators Gäste beköstigte. Um erste Signaturen auf Kurzgeschichten und Büchern wurde die Autorin und Künstlerin ebenfalls vor Veranstaltungsbeginn gebeten; darunter von Brigitte Blümel aus Erfurt, die bei der Erfurter „Scherenschnitt-Oma“, Frau Püttner , „in die Lehre ging“und inzwischen den Ausstellungen von Erika Schirmer hinterher reist. Bei all den Vorab-Gesprächen und Beifallsbekundungen rückte das eigentliche Ereignis, die Ausstellungseröffnung „Auf dem Wege zu Martin Luther“im Beisein von Dr. Eberhard Kusber, Direktor Stadt- und Regionalbibliothek, gefördert von der Sparkasse Mittelthüringen, fast in den Hintergrund. Dabei handelt es sich nach „Märchen“und „Hans Sachs“bereits um die dritte Exposition in der Erfurter Kinderund Jugendbibliothek.
Vergangenheit und Gegenwart verknüpft die agile Künstlerin mit ihren Schöpfungen zur Reformationsdekade. Sie wählte Lutherzitate aus und goss die Persönlichkeiten von Martin Luther und Katharina von Bora mit der Nagelschere ins Scherenschnittmuster. Die acht Doppelbögen zeigte Erika Schirmer bereits im Kloster Stift Heiligengrabe im Norden von Brandenburg, im sächsischen Hoyerswerda und in einem thüringischen Pflegeheim.