Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Streit um ehemalige Haftanstalt
WachsenburgBaugruppe stieg aus Projekt aus – Gemeinde fühlt sich erpresst
ICHTERSHAUSEN. Kindertherapiezentrum, generationenübergreifendes Collegiatswohnen, ein Reformationsinformationszentrum, ein Baumsaal als Treffpunkt – es gab viele und ambitionierte Pläne, welche die Neues Kloster Ichtershausen GmbH & Co. KG (NKI) als neuer Eigentümer im letzten Jahr für die Nachnutzung der ehemaligen Jugendstrafanstalt in Ichtershausen vorstellte. Zur Amt Wachsenburg Gemeinderatssitzung am Dienstagabend im Haarhäuser Gemeindesaal schien davon nicht mehr viel übrig geblieben zu sein. Vor allem das unter Denkmalschutz stehende Neue Schloss wird zum Knackpunkt.
Zunächst einmal mussten die Räte zur Kenntnis nehmen, dass sich die Zusammensetzung der NKI geändert hat. Die im Ort bestens bekannte Carola Busse von der Wachsenburg-Baugruppe stieg vor einigen Wochen aus. Als Grund nannte NKI-Geschäftsführer Sebastian von Kloch-Kornitz den Wunsch Busses, das Neue Schloss, in dem sie ein Therapiezentrum für seelisch kranke Kinder und ihre Familien errichten wollte, aus dem Gesamtpaket des Areals heraus zu lösen und eigenständig zu entwickeln. Laut Kaufvertrag mit dem Freistaat, so KlochKornitz, hätte das Land dem aber zustimmen müssen.
„Voranfragen haben aber gezeigt, dass es das nicht tun wird.“
Die NKI-Gesellschafterversammlung habe deshalb im Februar den Antrag Busses zurückgewiesen, die daraufhin ihre 40 Prozent Anteile verkaufte. Sie gingen an die Otto Quast GmbH & Co KG mit Sitz in Siegen, die bereits zuvor an der NKI beteiligt war und nun 80 Prozent Anteile hält. Weiterer Anteilseigner ist das Collegiatsstift St. Peter und Paul aus Erfurt.
„Das Finanzministerium hätte zugestimmt, wenn die Gesellschafter zugestimmt hätten“, erklärte hingegen Carola Busse auf Nachfrage. Das Herauslösen jener Grundstücke für deren Hochbauentwicklung sich die Wachsenburg-Baugruppe bereit erklärte, also des Neues Schlosses samt benachbartem Hafthaus, sei sogar zwingend notwendig für die Fördermittel des Programmes „Nationale Projekte des Städtebaus“gewesen. „Ich bin auch menschlich enttäuscht, dass sich nicht an Absprachen diesbezüglich gehalten wurde“, so Busse, die viel Vorarbeit in die Konzeptentwicklung gesteckt hatte.
Vor allem ums Neue Schloss drehte sich dann auch die zweistündige Diskussion im Gemeinderat, steht und fällt mit dem historischen Gebäude doch im Endeffekt auch die Attraktivität des ganzen Areals. Eine Wohnnutzung wird nicht nur durch die Deckenhöhe von sechs Metern erschwert, sie ist durchs Förderprogramm auch nicht möglich. Denn um die eine Million Euro vom Bund nutzen zu können, muss das Gebäude einem sozialen Zweck zugeführt werden.
Die NKI favorisiert dafür nun die Einrichtung eines Kindergartens. Eine Idee, welche die Gemeinde letztes Jahr selbst ins Spiel gebracht hatte. KlochKornitz sieht drei Möglichkeiten. Entweder die NKI baut und die Gemeinde mietet sich ein, das Gebäude geht ans Amt Wachsenburg zurück und dieses verbaut die Fördermittel selbst oder „wir geben die Fördermittel zurück, machen eine Notsicherung und lassen das Gebäude erst mal liegen.“
Die Sorge ist groß, dass man sich bei einer Mittelrückgabe weitere Förderwege verbaut, aber auch, dass die Gebietsreform sich negativ auf die künftige Arealerschließung auswirkt, am Ende eine Brache in der Ortsmitte bleibt.