Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Polizei rollt Vermissten­suche nach 30 Jahren wieder auf

Mühlhäuser­in Anke Beck verschwand 1987 spurlos – Beamte hoffen auf Hinweise, um den Fall aufklären zu können

- VON SABINE SPITZER Hinweise unter: ()  .

MÜHLHAUSEN. Vor 30 Jahren verschwand die Mühlhäuser­in Anke Beck. Am Bahnhof in Bad Langensalz­a verlor sich die Spur der damals 19-Jährigen. Ihre Akte ruhte nie. Auch jetzt greift die Polizei den Fall neu auf und sucht nach Hinweisen.

„Wenn es neue Ansatzpunk­te gibt, werden wir sie verfolgen“, erklärt Thomas Soszynski, Sprecher der Landespoli­zeiinspekt­ion Nordhausen. Seinen Angaben zufolge hatte Anke Beck am 30. April 1987 mit ihren Kollegen in ihrem Betrieb gefeiert, dem VEB Kraftfahrz­eugwerk Gotha. Die zukünftige Studentin absolviert­e in dem Betrieb ein praktische­s Jahr.

Nach der Feier fuhr sie laut Polizei gegen 23.30 Uhr mit dem Zug vom Bahnhof Gotha-Ost über Bad Langensalz­a nach Mühlhausen. Den damaligen Ermittlung­en zufolge blieb Anke Beck im Zug sitzen und fuhr wieder zurück nach Bad Langensalz­a – vermutlich schlafend. Dort wurde der Zug um 1.25 Uhr auf dem Bahnsteig eins abgestellt. Danach soll die junge Frau noch in der Bahnhofsha­lle und vor dem Bahnhofsge­bäude gesehen worden sein. „Dann verliert sich ihre Spur“, berichtet Thomas Soszynski. In den Morgenstun­den des 1. Mai wurde die Volkspoliz­ei in Bad Langensalz­a informiert, dass sich eine hilflose Person am Spielplatz in der Rathenaust­raße aufhalte. Die Kontrolle der Beamten verlief ohne Ergebnis.

Dem vorausgega­ngen war ein anonymer Anruf im Spezialkin­derheim. Eine Frau hatte sich erkundigt, ob dort ein Mädchen fehle. Sie gab an, sie habe am Spielplatz in der Rathenaust­raße ein Mädchen getroffen, das seine Freunde suchte. Das Kinderheim wurde kontrollie­rt, aber keines der Heimkinder fehlte.

Laut Thomas Soszynski spielten die anonyme Anruferin und ihre Informatio­nen über all die Jahre immer wieder eine wichtige Rolle bei den Ermittlung­en.

Da die Suche ergebnislo­s verlief, mussten die Ermittler von einem Gewaltverb­rechen ausgehen. Die Leiche aber wurde nie gefunden. Die Mordunters­uchungskom­mission (MUK) der Bezirksbeh­örde der Deutschen Volkspoliz­ei Erfurt stellte das Verfahren dann im November 1988 vorläufig ein. „In Vergessenh­eit geriet der Fall jedoch nie“, so Soszynski.

Auch der Autor und PoetrySlam­mer Dominik Bartels aus dem niedersäch­sischen Helmstedt erinnert sich noch genau. Er lebte damals in Bad Langensalz­a. Er griff den Fall in seinem Buch „Bruderkuss“auf. Vor drei Jahrzehnte­n war er 14 Jahre alt. „Am Jüdenhügel suchte die Polizei mit Spürhunden“, erzählt er. „Und überall hingen Plakate.“Auch das DDR-Fernsehen berichtete über die vermisste Mühlhäuser­in. „Der Fall wurde auch auf dem Schulhof heftig diskutiert“, blickt Bartels zurück. „Überall wurde wild spekuliert“, weiß er noch. So gab es zum Beispiel Gerüchte, dass die Stasi dahinterst­ecke – oder die Amerikaner. Denn in Mühlhausen, Bad Langensalz­a und Obermehler waren damals sowjetisch­e Truppen stationier­t.

Die Kriminalpo­lizei hofft auf konkrete Hinweise. „Die Ermittler sind auf jede Informatio­n angewiesen, sollte sie Außenstehe­nden auch noch so unbedeuten­d erscheinen, für die Aufklärung des Falles könnte sie wichtig sein“, informiert PolizeiSpr­echer Soszynski.

Wilde Spekulatio­nen und Gerüchte Kleine Narbe an der rechten Schläfe

Anke Beck war zur Zeit ihres Verschwind­ens 1,66 Meter groß und schlank. Sie hatte kurze dunkle Haare, graue Augen und eine kleine Pockennarb­e an der rechten Schläfe. Am 30. April 1987 trug sie laut Polizei eine weiße Bundjacke mit Gummizug, einen weißen Pulli mit Lochmuster, eine rot-weiß gestreifte Hose, weiße Söckchen und dunkelblau­e Pumps oder Slipper. Sie hatte eine schwarze Umhängetas­che dabei.

„Es gibt immer wieder Fälle, die nach langer Zeit aufgeklärt werden können“, informiert Polizei-Sprecher Thomas Soszynski.

2013 zum Beispiel war nach 22 Jahren in New York der Mörder des Kindes gefasst worden, das als „Baby Hope“in die Geschichte einging. Im Jahr 2013 klärte die Polizei in Osnabrück nach fast 26 Jahren den Mord an einer Neunjährig­en auf. Und in Erfurt brachten 2014 Zeugenhinw­eise die Ermittler nach 20 Jahren auf die Spur der vier Täter, die einen 20 Jahre alten Mann in Tschechien zusammenge­schlagen, mit Benzin übergossen und angezündet haben.

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Ein Foto von Anke Beck aus dem Jahr ihres Verschwind­ens.Foto: Polizei

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