Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Wo die Liebe nicht hinfallen darf

FBIÜberset­zerin heiratete deutschen Dschihadis­ten Denis Cuspert aus freien Stücken – und kehrte reumütig in die USA zurück

- VON DIRK HAUTKAPP

WASHINGTON. „Agentin heiratet deutschen ISIS-Terroriste­n“. Die Geschichte, die im Februar 2015 durch die Medien ging, hatte das Zeug zum echten Krimi. Die „Romeo-und-Julia-Aktion“des FBI gegen den aus Berlin-Kreuzberg stammenden und zum Islam konvertier­ten Gangsta-Rapper Denis Cuspert (alias: Deso Dogg) sei „planmäßig“verlaufen. Als die Agentin um ihr Leben gefürchtet habe, sei sie über die Türkei wieder in die USA zurückgeke­hrt und habe über den deutschen Dschihadis­ten ausgepackt. Auftrag erfüllt. Ende der Geschichte?

Nicht wirklich. Wie bisher geheime Gerichtsun­terlagen aus den USA nahelegen, könnte die Saga von der „Liebesfall­e“eine Räuberpist­ole sein, mit der USGeheimdi­enste ihr grobes eigenes Versagen kaschieren wollten. Nach Aktenlage hat Daniela Greene, eine frühere Übersetzer­in in FBI-Diensten, Cuspert im Sommer 2014 geheiratet. Aber aus freien Stücken. Die 38Jährige saß unter anderem dafür zwei Jahre lang im Gefängnis. Sie steht bis 2019 unter Bewährungs­beobachtun­g und muss sich psychiatri­sch behandeln lassen. Und das kam so.

Anfang 2014 ist die gebürtige Tschechosl­owakin, die in Deutschlan­d aufgewachs­en ist und perfekt Deutsch spricht, bereits drei Jahre für das FBI als Linguistin tätig. Sie erhält einen Spezialauf­trag: Denis Cuspert ausspionie­ren. Über drei SkypeZugän­ge kommunizie­rt sie mit dem Salafisten, der in Europa als zentraler Nachwuchs-Rekrutiere­r für das Terror-Kalifat „Islamische­r Staat“gilt. Dabei soll es „gefunkt“haben. Im Juni 2014 beantragt Greene eine Auslandsre­ise. Sie will ihre Eltern in München besuchen, sagt sie. Stattdesse­n fliegt sie One-Way nach Istanbul. Von dort geht es in die türkisch-syrische Grenzstadt Gaziantep. Cuspert empfängt sie, heiratet sie und lebt circa 30 Tage mit ihr in Syrien zusammen. Noch vor Ort dämmert Greene ihr Fehler: „Ich war schwach und wusste nicht mehr, was ich tun sollte. Ich habe echt viel Mist gebaut“, schreibt sie. Greene rechnet mit einer „langen Gefängniss­trafe“, sollte sie je wieder nach Hause kommen.

Auf welchen Wegen sie am 6. August wohlbehalt­en wieder in den USA auftauchte, ist den häufig geschwärzt­en Gerichtsak­ten nicht zu entnehmen. Greene wird am 8. August festgenomm­en und später zu zwei Jahren Haft verurteilt. Dass sie so milde davon kam, geht laut Staatsanwa­ltschaft auf ihre „substanzie­lle Kooperatio­n“zurück.

 ??  ?? Erst Rapper, heute Dschihadis­t: Denis Cuspert posiert mit Kalaschnik­ow. Foto: dpa PA/Intelligen­ce Group
Erst Rapper, heute Dschihadis­t: Denis Cuspert posiert mit Kalaschnik­ow. Foto: dpa PA/Intelligen­ce Group

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