Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Von der Leyens Gegenangri­ff

Verteidigu­ngsministe­rin sagt USAReise ab, weil sie den Skandal um den Bundeswehr­offizier Franco A. vor Ort aufklären will

- VON PHILIPP NEUMANN

BERLIN. Ursula von der Leyen hat eine gute Nase dafür, wann es politisch brenzlig wird. Am Dienstag sagte die Bundesvert­eidigungsm­inisterin eine für heute geplante Reise in die USA ab. Sie fliegt stattdesse­n nach Illkirch in die Nähe von Straßburg, um die Kaserne der deutsch-französisc­hen Brigade zu besuchen. Dort war der Bundeswehr­offizier stationier­t, der als Rechtsextr­emist auffiel und, getarnt als Asylbewerb­er, einen Anschlag geplant haben soll.

Die Ministerin will mit dem Besuch den politische­n Brand bekämpfen, den der Skandal ausgelöst hat und den sie selbst befeuerte, indem sie der Bundeswehr ein „Haltungspr­oblem“und „Führungssc­hwäche“attestiert­e. Die Kritik kam in der Truppe schlecht an.

Auch politisch brennt es. Die Opposition empört sich, weil die CDU-Politikeri­n den Eindruck vermittelt­e, sie habe mit den Vorfällen nichts zu tun. Der Koalitions­partner SPD nutzt den Skandal, um die Union vor den Wahlen in Schleswig-Holstein und NRW unter Druck zu setzen. So wirft SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz von der Leyen vor, die Soldaten „im Stich zu lassen“. Sie müsse sich „vor die Truppe stellen, die unter schwierige­n Umständen einen harten Job macht“. Seit zwölf Jahren werde die Bundeswehr als „Testfeld für die Karrieream­bitionen von CDU- und CSU-Politikern missbrauch­t“.

Die Bundesanwa­ltschaft hat in dem Fall die Ermittlung­en übernommen. Laut der Behörde besteht der Anfangsver­dacht, dass der Soldat Franco A. eine schwere staatsgefä­hrdende Gewalttat vorbereite­t hat. Offenbar gibt es Hinweise auf ein rechtsextr­emes Netzwerk in der Bundeswehr, zu dem der Soldat gehört haben soll. Das Verteidigu­ngsministe­rium teilte mit, dass in der Kaserne, in der Franco A. stationier­t war und die von der Leyen heute besuchen will, Hinweise auf die rechtsextr­eme Gesinnung des Soldaten gefunden wurden – Hakenkreuz-Kritzeleie­n, Landser-Bilder und andere „Wehrmachts­souvenirs“.

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