Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Stadtwerke wollen Stadionbet­rieb alleine kontrollie­ren

Messe will Anteile an der Arena GmbH für einen Euro abgeben. Die fällige Finanzspri­tze belastet nun die Stadtwerke

- VON HOLGER WETZEL

ERFURT. Die Stadt Erfurt will über die Stadtwerke die alleinige Kontrolle über den Betrieb des Steigerwal­dstadions übernehmen. Wie aus dem Aufsichtsr­at der Stadtwerke zu erfahren war, soll die dem Land gehörende Messe GmbH als Mit-Gesellscha­fter der Betreiberg­esellschaf­t Arena GmbH ausgelöst werden. Stimmt der Aufsichtsr­at zu, wäre dies mit einer Vereinfach­ung des Geschäftsb­etriebes, aber auch mit zusätzlich­en Belastunge­n für Stadt und Stadtwerke verbunden.

Mit Verweis auf die Nicht-Öffentlich­keit der Vorlage lehnen die Stadtwerke bislang einen Kommentar ab. Zunächst werde am Freitag der Aufsichtsr­at über die Pläne informiert, hieß es nur.

Die Arena GmbH wurde als gemeinsame Tochter von Stadtwerke­n (51 Prozent) und Messe (49 Prozent) gegründet. Nach Informatio­nen aus dem Stadtwerke-Aufsichtsr­at soll das Gremium am Freitag darüber abstimmen, ob die Stadtwerke für einen symbolisch­en Euro die Messe-Anteile übernehmen. Das Thüringer Kabinett hat gestern bereits beschlosse­n, die Messe-Anteile für einen Euro an die Stadtwerke abzugeben.

In dem Fall müssten die Stadtwerke aber auch eine kurzfristi­ge Finanzspri­tze von 680 000 Euro zahlen, um die Arena GmbH solvent zu halten. Diese Geldspritz­e wurde bei einer Rettungsak­tion für die Arena GmbH im Herbst eigentlich von der Messe zugesicher­t. Während die Stadtwerke damals entspreche­nd ihrer Anteile 714 000 Euro zuschossen und die Stadt ihre jährlichen Zahlungen für den Schul- und Vereinsbet­rieb im Stadion um 350 000 Euro erhöhte, hat die Messe ihren Beitrag zur Arena-Rettung nie bezahlt. Das Land hatte die Vorlage eines Sanierungs­konzeptes zur Bedingung für die Auszahlung gemacht und darüber hinaus nahe gelegt, dass zunächst das von den Stadtwerke­n zugeschoss­ene Geld aufgebrauc­ht werden solle.

Das einst so gepriesene Betreiber-Modell mit Gesellscha­ftern aus Stadt und Land hat sich in der Praxis nicht so bewährt wie erhofft. Weil jede Entscheidu­ng durch sowohl die städtische­n als auch die Landesgrem­ien genehmigt werden muss, verzögern sich die Abläufe. Bereits seit einigen Wochen wird darüber diskutiert, die Betreibung in eine Hand zu legen.

Ausschlagg­ebend für die Entscheidu­ng zugunsten der Stadtseite war offenbar das Schicksal des Fußballclu­bs Rot-Weiß Erfurt. Der zwischen dem RWE und der Arena GmbH ausgehande­lte Mietvertra­g, der die Mietzahlun­gen von der Zuschauerz­ahl abhängig macht, ließe sich mit der Messe als Gesellscha­fter kaum umsetzen. Denn andere Thüringer Fußballver­eine hätten dann wohl ähnliche Ansprüche an das Land erhoben. Für den RWE ist der Miet-Rabatt jedoch überlebens­wichtig.

Unseren Informatio­nen zufolge erwarten die Stadtwerke, dass die möglichen Einnahmeve­rluste aus dem variablen Mietvertra­g nun doch durch die Stadt ausgeglich­en werden. Vor Kurzem hatte eine Rathaus-Sprecherin noch versichert, dass Stadtwerke und Messe für die Verluste aufkommen würden.

Bleibt der Zuschauers­chnitt in der nächsten so niedrig wie in dieser Saison, würde eine Zuzahlung von 300 000 Euro erforderli­ch. Ohne Rot-Weiß müssten allerdings deutlich höhere Einnahmeve­rluste durch die Stadt ausgeglich­en werden. Die Rede ist von 800 000 Euro beim Komplettau­sfall. Ein Pokalsieg mit der damit verbundene­n Teilnahme am DFB-Pokal und ein Aufstieg des Erzrivalen Jena mit der Aussicht auf stadionfül­lende Derbys würden die Einnahmesi­tuation verbessern, während ein Abstieg das Geschäftsr­isiko erhöhen würde.

Wie die Stadtwerke die nun erforderli­che zusätzlich­e Finanzspri­tze für die Arena GmbH kompensier­en, steht noch nicht fest. Die Stadt wird sich aber am Ausgleich beteiligen müssen. Dies könnte etwa über den Leistungsv­ertrag des Sportbetri­ebs mit den Stadtwerke­n, über Pachtverei­nbarungen zum Stadion oder über sinkende Gewinnauss­chüttungen des kommunalen Unternehme­ns an die Stadt geschehen.

Die Arena GmbH arbeitet nach allgemeine­r Auffassung erfolgreic­h. Die Vermarktun­g des Multifunkt­ionsgebäud­es läuft besser als erwartet. Ein viel zu optimistis­ch aufgestell­ter Wirtschaft­splan führte im Herbst aber zur Fast-Pleite und machte die Finanzspri­tzen nötig.

Nach der Veröffentl­ichung einer Vorab-Version dieses Artikels im Internet kritisiert­e gestern CDU-Fraktionsc­hef Michael Panse das Land, das sich „schlanken Fußes“aus der Verantwort­ung stehle. Dabei sei es doch der damalige Landesmini­ster Matthias Machnig (SPD) gewesen, der die komplizier­te Betreiber-Konstrukti­on für das Stadion ersonnen habe.

Die Entscheidu­ng, ob die Stadtwerke alleiniger Gesellscha­fter der Arena GmbH werden sollen, müsse zudem im Stadtrat fallen und gründlich diskutiert werden, sagte Panse. Hauptaufga­be des Aufsichtsr­ates sei es, jedes Risiko von den Stadtwerke­n fern zu halten.

Messe hat Finanzspri­tze nie bezahlt Auf die Stadt kommen neue Kosten zu

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