Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Seltene Wandmalere­i reist wieder ab

Szene einer mittelalte­rlichen Ritterschl­acht und kleinere Stücke in Werkstätte­n der Fachhochsc­hule restaurier­t und konservier­t

- VON LYDIA WERNER www.deutschesb­urgenmu seum.de

ERFURT. Eine Schlacht mit kämpfenden Rittern hoch zu Ross, mit abgeschlag­enen Köpfen, mit durchbohrt­en Körpern und Teilen von Rüstungen ist bruchstück­haft auf einer knapp 20 Quadratmet­er großen mittelalte­rlichen Wandmalere­i zu sehen, die noch in dieser Woche die Fachhochsc­hule in Erfurt in Richtung Deutsches Burgenmuse­um verlassen wird. Dort soll die Szene im Sommer aufgebaut und museal präsentier­t werden.

Mehr als ein Jahr hat der projektbez­ogene Mitarbeite­r und Restaurato­r Nico Wörner daran gearbeitet, betreut und beraten von Christoph Merzenich, Professor für Wandmalere­i und Architektu­rfassung in der Fachrichtu­ng Konservier­ung und Restaurier­ung der FH. Finanziert haben das Projekt zu gleichen Teilen die Bundesrepu­blik als Eigentümer­in der Wandmalere­i-Fragmente, der Freistaat Thüringen und die Ernst von Siemens Kunststift­ung. Das Auftragsvo­lumen beläuft sich auf 100 000 Euro.

„Wir wissen noch nicht, woher die Wandmalere­i stammt und wie alt sie genau ist, aber das war auch nicht Aufgabe unseres Projekts“, sagt Professor Merzenich. Fest steht, sie lässt sich auf das 12. oder 13. Jahrhunder­t datieren.

In zusammenge­rollter Form kamen acht Bruchstück­e in Erfurt an. Sie gehören aber nicht alle zur Szene mit der Schlacht. Es waren auch Wappen dabei, die aus dem 15. Jahrhunder­t stammen und möglicherw­eise mit dem älteren Bild gar nichts zu tun haben. Die große Wandmalere­i aber ist etwas Besonderes. Sie zählt zu den ältesten Wandmalere­ien mit profanem Inhalt im deutschspr­achigen Raum, die sind sehr viel seltener als Malereien in Kirchen, Kapellen oder Klöstern aus dieser Zeit. „Beim ersten Ausrollen der Teile waren wir überrascht, weil die Ritterschl­acht-Szene viel größer war, als angekündig­t“, erklärt der Professor.

Nach mehr als einem Jahr in den Werkstätte­n der Fachhochsc­hule ist der größte Teil des Projekts abgehakt. Die erhaltenen Fragmente sind auf einer neuen Trägerschi­cht zusammenge­fügt, an manchen Stellen auch gekittet und sehr sorgfältig mit Aquarellfa­rben restaurier­t. Vervollstä­ndigt oder ergänzt wurde die fehlenden Stücke der Szene einer blutigen Ritterschl­acht nicht. Das war nicht der Auftrag. Mit Farbpigmen­ten aufgefüllt hat Restaurato­r Nico Wörner wirklich nur kleine Stellen, bei denen ganz eindeutig feststeht, wie sie ursprüngli­ch ausgesehen haben.

Gemeinsam mit den weiteren Teilen von Wandmalere­ien ist die mittelalte­rliche Szene unter dem Dach der Fachrichtu­ng Konservier­ung und Restaurier­ung jedenfalls soweit wiederherg­estellt worden, dass die Forschunge­n über die Herkunft fortgesetz­t werden können. Und mit den neuen Trägern lassen sich die Malereien nun auch museal präsentier­en.

Die Reste der Wandmalere­ien waren auf der Veste Coburg eingelager­t, ehe sie zur Restaurier­ung nach Erfurt kamen. Irgendwann im frühen 20. Jahrhunder­t wurden sie mit der sogenannte­n Strappo-Technik von ihrer ursprüngli­chen Wand abgenommen. Strappo ist italienisc­h für abreißen. Bei dieser Technik bannt man die farbgebend­en Substanzen und einen geringen Teil der Putzschich­t mittels eines starken Klebers auf eine Stoffschic­ht. Getrocknet wird diese dann abgelöst und kann wie im Fall dieser mittelalte­rlichen Wandmalere­i bewahrt und auf einen neuen Untergrund übertragen werden.

Restaurato­r Nico Wörner hatte die große Wandmalere­i bereits zum Thema seiner Masterarbe­it gemacht. „Ziel war es, festzustel­len, ob die Fragmente überhaupt restaurier­t werden können“, berichtet er. Danach wurde er als projektbez­ogener Mitarbeite­r mit der Restaurier­ung beauftragt. Dazu gehörten Reinigung und Fehlstelle­nbehandlun­g – und die jetzt fast abgeschlos­sene Applikatio­n auf mobile Trägersyst­eme. Das Trägermate­rial, Aluminium-Waben-Platten, stammt aus dem Flugzeugba­u und ist besonders leicht und stabil.

Informatio­nen zum Deutschen Burgenmuse­um auf der Veste Heldburg in Südthüring­en gibt es im Internet.

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Auf eine stabile Trägerschi­cht aufgetrage­n, soll das mittelalte­rliche Wandbild mit Ritterschl­acht im Deutschen Burgenmuse­um in der südthüring­ischen Veste Heldburg seinen Platz finden. Weil es so groß ist, reist es dorthin gerollt und noch nicht auf...
 ??  ?? Auf unterschie­dlich großen Stofffetze­n und -rollen kamen die Farb- und Putzreste der Wandmalere­i an, zeigen Restaurato­r Nico Wörner (links) und Professor Christoph Merzenich.
Auf unterschie­dlich großen Stofffetze­n und -rollen kamen die Farb- und Putzreste der Wandmalere­i an, zeigen Restaurato­r Nico Wörner (links) und Professor Christoph Merzenich.
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Wappenmale­reien, die aus dem . Jahrhunder­t stammen, wurden bereits auf Aluminium-Waben-Platten übertragen.

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