Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Sogar der FC Bayern wurde besiegt
Am Ende wurde es knapp, doch die Frauen des SV Medizin Erfurt haben den Klassenerhalt in der SchachBundesliga geschafft
BERLIN/ERFURT. Willst du Bayern unten sehen, musst du die Tabelle drehen – so lautet ein Spruch ob der Dominanz des Rekordmeisters aus München in der Fußball-Bundesliga. In der Schach-Bundesliga der Frauen ist dieser Spruch Realität – und davon profitierten auch die Frauen des SV Medizin Erfurt, die das Rennen der vier Aufsteiger im Zwölferfeld für sich entschieden und als Neunter den Klassenerhalt schafften. Ihren höchsten Saisonsieg feierten sie beim Spieltag in München im Januar – mit 5,5:0,5 gegen den FC Bayern. Tags zuvor gelang ein 3,5:2,5 gegen Augsburg – und so wurden vier Mannschaftspunkte mit auf die Heimreise genommen.
„Genau diese vier Punkte haben wir uns vor der Saison vorgenommen, denn sie waren der Schlüssel zum Klassenerhalt“, sagt Medizin-Spielerin Kristin Müller-Ludwig. Dazu kam ein unerwarteter 3,5:2,5-Erfolg gegen Karlsruhe Ende März – der schließlich entscheidend für den Bundesligaverbleib sein sollte.
Denn bei den drei Abschlussrunden in Berlin, bei denen die Männer und Frauen gemeinsam spielten, erwischten die Erfurterinnen nicht ihr bestes Wochenende. 2:4 gegen Lehrte, 2:4 gegen Hamburg – vor allem aber das 0,5:5,5 gegen den direkten Konkurrenten Harksheide schmerzte. Denn so mussten die Erfurterinnen in der Schlussrunde zittern. Hätte Harksheide gegen Lehrte gewonnen, wäre das der Abstieg für Medizin gewesen. Doch Harksheide verlor, und so dürfen die Erfurterinnen zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte im Schach-Oberhaus antreten.
Die Mannschaft wird laut Müller-Ludwig in der Formation der letzten zehn Jahre zusammenbleiben – auch die vor der Saison verpflichteten Spitzenspielerinnen Natasa Richterova und Barbara Juhasz werden wohl wieder dabei sein. Die Tschechin Richterova (3,5 Punkte aus sieben Partien) und die Ungarin Juhasz (2,5 aus 4) hatten neben der stark spielenden Caroline Umpfenbach (4,5 aus 9) den besten Punkteschnitt im Team.
Finanzen und Spielstätte bereiten noch Sorgen
Das soll in der nächsten Zeit Schritt für Schritt verjüngt werden. Schon in der abgelaufenen Saison durfte Ha Thanh Nguyen, ein Talent aus dem eigenen Verein und aktuelle U16-Landesmeisterin, zweimal BundesligaLuft schnuppern. Da es aber beim Schach gang und gäbe ist, auf Gastspielerinnen anderer Vereine zurückzugreifen, haben die Medizinerinnen auch schon ein Auge auf die Schwestern Margarete und Victoria Wagner vom Erfurter SK geworfen. „Und meine Tochter kann uns vielleicht auch irgendwann mal verstärken“, weiß Kristin Müller-Ludwig um das Talent ihres Sprösslings Helena Ulrich, immerhin auch schon Thüringer Landesmeisterin der Altersklasse U 10.
Zwei Sorgen hat der Verein aber aktuell. Wie jedes Jahr ist die Sicherung des Etats in der nicht gerade publikumswirksamen Sportart ein finanzieller Balanceakt. Die Kosten für die ausländischen Spielerinnen und Auswärtsfahrten sind nicht unerheblich. Dennoch ist MüllerLudwig zuversichtlich, dass der SV Medizin das Abenteuer Bundesliga erneut angehen kann.
Die zweite Sorge ist die Spielstätte. Zwar werden die Medizin-Frauen wohl weiterhin die Räumlichkeiten der IWM GmbH für ihre Heimspiele nutzen können. „Aber für die Spielstätte unserer fünf Männerteams in der Kita im Poeler Weg, die jetzt saniert wird, gibt es bisher noch keine Alternative“, sagt Müller-Ludwig, die auf eine Lösung seitens der Stadt hofft.