Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Abschied von Ulrike Drasdo

Hunderte Gäste erweisen der verstorben­en Textilküns­tlerin in der Hohenfelde­nder Kirche die letzte Ehre

- VON JENS LEHNERT

HOHENFELDE­N. Sie war eine selbstlose, bescheiden­e Frau, die mit wenig materielle­m Besitz auskam und weit mehr für andere erübrigte, als sie für sich selbst behielt. Dennoch hatte die Hohenfelde­ner Textilküns­tlerin Ulrike Drasdo Wünsche – auch für den Tag, an dem jene, denen sie am Herzen liegt, von ihr Abschied nehmen. Gestern war die Zeit, diese Wünsche zu erfüllen.

„Ulrike hat sich den Abschied in der Kirche von Hohenfelde­n gewünscht“, sagte die Arnstädter Pfarrerin Beate Schreier, die die Trauerfeie­r leitete. Das stetige Bemühen, Menschen zu erreichen und zusammenzu­bringen, fand ebenfalls noch einmal Entsprechu­ng. An die 300 Gäste fasste die kleine Kirche St. Burkhard am frühen Nachmittag. Kaum ein Winkel im Gotteshaus, auf dem niemand saß oder stand.

Schließlic­h gelang es Ulrike Drasdo mit den Wünschen für ihre Trauerfeie­r einmal mehr, Menschen durch die Kunst zu berühren. Kirchenmus­ikdirektor Matthias Dreißig, Orgel-Professor an der Liszt-Hochschule und Organist der Erfurter Predigerki­rche, ließ sich nicht lang bitten, um Hohenfelde­ns Orgel – wenngleich kein Konzertins­trument – zu spielen. Auch das Erfurter Trio „Klangart“kam mit seinem Repertoire dem Geschmack der Textilküns­tlerin nach – von Led Zeppelins „Stairway to Heaven“bis hin zu Piazzollas „Libertango“. „Den Tango mochte sie sehr, weil er gleicherma­ßen Freude und Traurigkei­t ausstrahlt“, so Pfarrerin Schreier. So sparte der Abschied trotz aller Trauer und Melancholi­e nicht mit Momenten der Lebensfreu­de.

Seit 1995 war Hohenfelde­n für Ulrike Drasdo Wohn- und Schaffenso­rt. Die letzten fünf Jahre lebte sie mit der Bürde, um ihre schwere Erkrankung zu wissen. „Sie nahm die Diagnose Leukämie aber ohne Bitterkeit an“, sagte die Pastorin. Immerhin hält das Leben wichtigere Herausford­erungen bereit, als über Krankheite­n zu lamentiere­n.

Ulrike Drasdo investiert­e ihre Kraft weiter in den Einsatz für Nepal. Auch nach ihrer Diagnose reiste sie noch in die Himalaya-Region, unermüdlic­h sammelte sie Spenden für die Armenapoth­eke und für Straßenkin­der in Kathmandu. Über die Jahre kamen dabei mehr als 40 000 Euro zusammen.

Für Nepal sensibilis­ierte sie die Menschen hierzuland­e in unzähligen Vorträgen. Den letzten hielt sie noch in diesem Monat. Auch ihren Webkurs für Flüchtling­sfrauen brachte sie am zweiten November-Wochenende mit aller Energie, die ihr blieb, zum Abschluss. Auch wenn sie sich eher von Emotionen als von rationalen Gründen leiten ließ, lebte sie ihr Leben mit Disziplin.

Am Dienstag voriger Woche verstarb Ulrike Drasdo mit 66 Jahren in ihrem Haus in Hohenfelde­n. Gestern wurde sie auf dem Gemeinde-Kirchhof beigesetzt.

 ?? Foto: Bernd Rödger ?? Auf dem Hohenfelde­ner Kirchhof wurde Ulrike Drasdo gestern beigesetzt.
Foto: Bernd Rödger Auf dem Hohenfelde­ner Kirchhof wurde Ulrike Drasdo gestern beigesetzt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany