Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Filmreif im Wald
Saxonia Media dreht die „Schloss Einstein“Folgen nun in einem ehemaligen Kinderheim im Nonnenholz am Drosselberg
ERFURT. Seit 20 Jahren läuft im Kinderkanal die Serie „Schloss Einstein“und läuft und läuft und läuft. 922 Folgen waren seit 1998 in 21 Staffeln zu sehen. Seit 2007 wird die Serie in Erfurt gedreht. Bis 2014 im Kindermedienzentrum neben der Messe, später im alten Schauspielhaus. Dort ist nun aber Schluss. Das Kulturquartier ist dabei, das frühere Theater neu zu beleben. Ersatz musste her, damit irgendwann auch die 1000. Sendung in Thüringens Landeshauptstadt gedreht werden kann. Die Stadt bot eine Immobilie an, die in der Öffentlichkeit kaum bekannt sein dürfte. Am Nonnenholz. Auf dem Drosselberg.
Das ehemalige Kinderheim Theodor Neubauer. Erbaut um 1912, diente es in der Kaiserzeit als Waldheim für erholungsbedürftige Erfurter Kinder aus sozial unterprivilegierten Familien. Bis 2006 war es erst in der DDR, später im vereinten Deutschland, ein Kinderheim. Es fristete dann lange Zeit ein Dasein im Verborgenen, bis es 2015 vorübergehend und nur für kurze Zeit als Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge diente.
Verkauf des Areals mit Gebäuden scheiterte
Die Stadt versuchte immer wieder, das Areal und die Gebäude zu verkaufen, vergeblich, wie Bürgermeisterin Tamara Thierbach gestern bei einem Besuch wissen ließ. Zu abgelegen, zu speziell und vor allem ohne Kanalisation, stattdessen mit Klärgrube. Allesamt Rahmenbedingungen, die Investoren vom Kauf abhalten. Als Drehort für „Schloss Einstein“aber nun nahezu ideal. Weil in dem Fall auch eine Ausnahme für das Kanalisationsproblem möglich ist.
Inzwischen hat die Saxonia Media Filmproduktion eine fast sechsstellige Summe investiert, um das Gebäude und das unmittelbare Umfeld „filmreif“zu machen. Seit Juni wird wieder gedreht. 60 Drehtage, 26 Folgen. Im November ist die neue Staffel, in der 18 Kinder zwischen zwölf und 16 Jahren die Hauptrollen spielen, fertig.
Dennoch ist noch nicht alles eitel Sonnenschein, wie die Bürgermeisterin gestern zu hören bekam. Da ist zum einen das Problem der fehlenden Lagerkapazität für das, was Filmleute nun mal brauchen, wie Produktionsleiter Jörg Dowidat erläuterte. Im alten Schauspielhaus muss das Feld geräumt werden. Am neuen Drehort ist das Lagerproblem aber auch noch nicht zufriedenstellend zu lösen. Man prüfe derzeit in den zuständigen Ämtern, so die Bürgermeisterin, wie man Abhilfe schaffen könnte. Es stehen beispielsweise einige alte Gebäude auf dem Gelände leer, auch sei ein alter Speisesaal vorhanden, die man herrichten könnte. Es besteht also Hoffnung.
Eine andere Schwierigkeit findet sich im hinteren Teil des großen, sich anschließenden Parks. „Unser Problem hat vier Beine und grunzt“, versuchte sich Saxonia Media-Herstellungsleiter Christian Dreßler in Humor, obwohl ihm so gar nicht zum Lachen war. Denn erst am Wochenende hatte eine Rotte Wildschweine eine zur Begrünung gedachte Wiese, auf der passende Szenen gedreht werden sollten, nach Wildschwein-Art umgepflügt. Und das nicht zum ersten Mal, wie zu hören war. Den Schwarzkitteln war es wohl gelungen, die Zäune rund um das Grundstück zu ignorieren. Wie dieses Ärgernis geregelt werden könnte, darüber herrschte gestern noch eine gewisse Ratlosigkeit. Mit Waffen darf dort jedenfalls nicht hantiert werden.
Drinnen, im zwischen Februar und Mai dieses Jahres drehtauglich hergerichteten Hauptgebäude, ist indes alles so weit fertig, wenngleich Leute vom Film eigentlich nie so richtig fertig werden. Weil sich stets und ständig alles dem immer wieder fortgeschriebenen „Einstein“Drehbuch unterordnen muss. Aber die neu eingerichtete Küche, der Ballettsaal, der Sportraum, der Gemeinschaftsraum oder die fiktiven Internatszimmer verlieren nichts an Aktualität. Und so dürfte einer 1000. Folge von „Schloss Einstein“in absehbarer Zeit eigentlich kaum etwas im Wege stehen.