Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Wo einst „Krautländer“das Land beackerten
Kleingartenanlage „Am Ried“besteht seit 75 Jahren. Mitglieder feiern Ende August auf dem Vereinsgelände
GISPERSLEBEN. Kraut und Rüben sowie Kartoffeln gehörten schon vor der Gründung der Kleingartenanlage „Am Ried“zu den Feldfrüchten, die so genannte Krautländer auf den Flächen östlich des Moskauer Platzes bis zur Gera hin ernteten. Wo der heutige Sportplatz liegt, befand sich zudem eine Koppel, die neben dem seit 1933 bestehenden Vereinsgelände teilweise auch zum „wilden“Gärtnern genutzt wurde. Gisperslebener Dorfbewohner insbesondere rangen dem Boden zusätzliche Lebensmittel ab.
Wolfgang Ebert, Bausachverständiger in der seit 75 Jahren bestehenden Kleingartenanlage „Am Ried“, weiß, dass die Koppeln 1974 liquidiert wurden und damit auch ein Teil der einstigen Gärten aus dem Bestand der Anlage verschwand. Im gleichen Atemzug wurde einer Kampagne Rechnung getragen, deren Ziel es war, jedem, der es wünschte, einen Kleingarten zur Verfügung zu stellen. Die damals rund 600 Quadratmeter großen Parzellen wurden längs oder quer geteilt, so dass Hobbygärtner auf dem jetzigen Gelände in 64 Kleingärten mit einer Fläche zwischen 240 und 360 Quadratmetern pflanzen, säen, jäten und ernten können, wonach ihnen der Sinn steht – im Rahmen des Bundeskleingartengesetzes versteht sich.
Allerdings stand 1974 die Existenz der Anlage insgesamt „auf der Kippe“, wie sich Wolfgang Ebert erinnert. Er nahm selbst im strömenden Regen an der Ortsbesichtigung mit Vertretern des damaligen Verbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter, der Stadt und des Landwirtschaftsrates teil. Die Tatsache, dass der Stadt das Geld für eine Entschädigung der Hobbygärtner fehlte, gab schließlich den Ausschlag, dass sich die derzeit 108 Mitglieder der Anlage „Am Ried“weiterhin auf ihrem jeweiligen Areal betätigen können. Äußerst erfolgreich übrigens. Denn der dritte Anlauf im Wettbewerb des Stadtverbandes der Kleingartenfreunde brachte ihnen im vorigen Jahr den Sieg und damit den vom Oberbürgermeister gestifteten Wanderpokal des Stadtverbandes ein. Für die Mitglieder der Anlage „Am Ried“, idyllisch am inzwischen neu gestalteten Uferbereich der Gera gelegen, wollen sich weiterhin an dem aller zwei Jahre ausgerufenen Wettbewerb beteiligen, auch wenn sie zu den kleineren Anlagen des Stadtverbandes gehören.
Zwar verfügen die Hobbygärtner nicht über ein Vereinshaus, aber dem alljährlichen Abschluss des Gartenjahres mit einer zünftigen Grillparty im Oktober beispielsweise tut das keinen Abbruch. Das 75-jährige Bestehen der Anlage soll natürlich besonders ausgiebig gefeiert werden – am Samstag, 25. August. Dass ein Festzelt aufgebaut wird, steht für Luise Knecht, Jakob Müller als stellvertretenden Vorsitzenden, Johannes Halx als Chronist und Wolfgang Ebert, die sich an einer Gesprächsrunde im Vorfeld beteiligten, schon fest. Ansonsten sind die Ideen der Mitglieder gefragt. Dazu gibt es an drei Samstagen eine Begehung der Anlage, um Wünsche und Anregungen für das Fest einzuholen. Der Austausch zu Tipps „über den Gartenzaun“und das persönliche Gespräch über den jeweiligen Nachbarn hinaus sollen im Mittelpunkt stehen, findet Luise Knecht, die als Schriftführerin im Verein agiert.
Übrigens ist der Verein „Am Ried“in die Vorbereitungen zur Bundesgartenschau im Jahre 2021 eingebunden, da sich die Kleingartenanlage in deren Projekt Gera-Aue einfügt.