Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Bausewein provoziert die CDU und stößt die Grünen vor den Kopf
Oberbürgermeister benennt Anke Hofmann-Domke, Tobias Knoblich und Steffen Harzer als Dezernenten-Kandidaten
ERFURT. Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) will für die im November anstehende Beigeordnetenwahl Anke Hofmann-Domke (Linke), Tobias Knoblich (parteilos) und Steffen Harzer (Linke) vorschlagen. Diese Namen, die für die Stadtpolitik eine explosive Mischung darstellen, hat er der SPD-Fraktion genannt. Seine offizielle Bestätigung steht noch aus.
Mit den Kandidaten stößt Bausewein die Grünen vor den Kopf und provoziert die zuletzt in Wartestellung verharrende CDU. In Teilen der SPD sollen die Vorschläge zumindest auf Verwunderung gestoßen sein.
Rundum glücklich dürften sich einzig die Linken fühlen, die nun doch auf zwei Dezernate hoffen können. Allerdings ist es ungewiss, ob Bausewein seine Kandidaten durchbekommt.
Größte Überraschung ist Tobias Knoblich als Dezernent für Wirtschaft, Kultur und Sport. Über seine Kandidatur wurde zwar seit Tagen gemunkelt. Jetzt steht aber fest, dass er Bauseweins Rückendeckung genießt.
Der 46-jährige Knoblich ist seit 2011 Erfurts Kulturdirektor. Doch im Juli wurde er unter 130 Bewerbern zum Kulturdezernenten von Bayreuth gewählt. Er kündigte daher seine Erfurter Stelle zum Jahresende.
Nicht nur, dass Knoblich sich jetzt wieder in Erfurt beworben hat, sorgt für Verwunderung. Er hatte auch, im Ausblick auf seinen vermeintlichen Abschied, der Erfurter Kulturwelt „Verzagtheit und Verlustängste“bescheinigt und damit seinen Fanclub nicht gerade vergrößert. Im Juli beklagte er zum Beispiel einen „überstarken Reflex des Festhaltens um jeden Preis, der nicht meiner Vorstellung von Gestaltung entspricht“.
Kompetenz in Wirtschaft und Umwelt musste Knoblich bisher nicht beweisen. Doch ist es möglich, dass Bausewein den Dezernatszuschnitt erneut verändert.
Dass die Grünen dennoch ihre amtierende Dezernentin – und Knoblichs Chefin – Kathrin Hoyer gegen Knoblich aufstellen werden, scheint gewiss. Zu loyal haben sie sich bisher Hoyer gegenüber verhalten, um jetzt noch umzusteuern.
Hoyer hat in dieser Gemengelage wenig Chancen. Aber jetzt schon auf Knoblich zu wetten, wäre ebenfalls riskant. Halbwegs sicher hat er wohl nur die Stimmen der Linken, die bei ihren Aussichten auf zwei Dezernate wohl selbst das Sandmännchen von der Krämerbrücke durchwinken würden. Die SPD ist jedoch zumindest in Teilen eher skeptisch.
Die CDU könnte ebenfalls einen eigenen Kandidaten für das Wirtschaftsdezernat benennen. Sie setzte bisher alle Karten auf Andreas Horn als Ordnungsdezernent. Da Horn aber in Bauseweins Vorschlägen – und im Gegensatz zu allen seinen bisherigen Andeutungen – nicht auftaucht, dürften sich die Christdemokraten nun verraten und verkauft fühlen. Ihr Gegenversprechen, keinen anderen Kandidaten aktiv zu unterstützen, hat sich erledigt.
Horn, der den Ordnungsausschuss zur allgemeinen Zufriedenheit leitet, ist dennoch nicht ohne Chancen auf das Ordnungsdezernat. Für einen Erfolg von Bauseweins Kandidaten, den Linken-Landtagsabgeordneten Steffen Harzer, braucht es eine rot-rot-grüne Geschlossenheit, die angesichts der ersten beiden Wahlgänge nur durch ein Wunder zu retten wäre.
Selbst Anke Hofmann-Domke, der Landesgeschäftsführerin der Linken, ist im ersten Wahlgang kein Durchmarsch zum Bürgermeisteramt und Sozialdezernat gewiss. Extra für sie wurde eine Ausschreibung ohne Hochschulabschluss formuliert. Doch haben Vertreter von Grünen und SPD, die Bauseweins Vorschläge hinterfragen, bereits laut nachgedacht, ob HofmannDomke das Zeug dazu hat, die Fußstapfen der scheidenden Bürgermeisterin Tamara Thierbach (Linke) auszufüllen.
Ebenfalls immer lauter werden die Klagen über die wenigen kompetenten Kandidaten. Nur fünf Frauen und 23 Männer hatten sich auf die drei Dezernate beworben – vielleicht auch, weil die rot-rot-grünen Personalabsprachen vom Sommer andere Interessenten abschreckten.