Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Naturschützer gehen gegen den Bastionskronenpfad vor
Einen Eingriff in das geschützte „Wäldchen“am Petersberg wollen sie mit einem Bürgerbegehren verhindern
Erfurt. Der Bastionskronenpfad, ein touristischer HöhenRundweg auf dem Petersberg, ist bisher nur eine Idee. Aber die Attraktion wackelt schon gewaltig.
Die Bürgerinitiative (BI) „Stadtbäume statt Leerräume“hat bekräftigt, in einem Bürgerbegehren gegen den Höhenweg vorgehen zu wollen, weil für den Bau eine Schneise durch das geschützte „Wäldchen“geschlagen werden müsste. Die Naturschutzverbände Nabu und BUND erklärten, das Bürgerbegehren unterstützen zu wollen. Laut BUND-Chef Robert Bednarsky rücken die Naturschützer nur vom Bürgerbegehren ab, wenn in einem Gespräch mit Buga-Dezernent Alexander Hilge (SPD) ein Kompromiss gefunden werde. Ein Kompromiss schließe aber jegliches Bauwerk in dem „Wäldchen“aus.
Hilge bekräftigte die Einladung zum Gespräch. Zugleich bedauerte er, dass die Naturschützer bereits vorher an die Öffentlichkeit gingen und mit ihren Forderungen den Kompromiss-Spielraum einengten. Der Dezernent hatte bislang Verhandlungsbereitschaft vor allem bei der Breite der für den Höhenweg nötigen Schneise signalisiert. „Die Chance, dass dem Wäldchen durch den Rückbau von Wegen und durch Aufforstungen etwas Gutes getan wird, wäre ohne Fördermittel dahin“, meinte er am Mittwoch. Laut Christine Beckert von der BI könnte der Protest gegen den Eingriff in das Wäldchen als zusätzlicher Punkt in ein schon länger geplantes Bürgerbegehren aufgenommen werden. Dort gehe es zudem um mehr Stadtgrün und den besseren Schutz von Bestandsbäumen.
Beckert rechnet damit, im Falle einer Zulassung im August mit der Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren beginnen zu können. Für ein erfolgreiches Begehren müssten bis Dezember 7000 Unterschriften Erfurter Bürger vorliegen. Allerdings könnte schon die mit einem Bürgerbegehren verbundene Verzögerung das Projekt gefährden. Soll der Bastionskronenpfad bis zur Buga fertig werden, müssten die zur Fällung vorgesehenen Bäume im Winter entfernt werden.
Formal hat die Stadt bislang keinen Fehler begangen. Das habe eine juristische Prüfung des Verfahrens ergeben, sagte Robert Bednarsky.
Das 2,2 Hektar große Wäldchen wurde 1996 als geschützter Landschaftsbestandteil eingetragen. Es gilt als Rückzugs- und Verbindungsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, darunter bedrohte. Für die NabuChefin Yvonne Schneemann wäre es „absurd“, den Schutzstatus aufzuheben, weil er einem Bauvorhaben im Wege steht. Der Schutzstatus lege den Fokus darauf, die Funktionalität der Natur aufrecht zu erhalten. Dies werde bei einer Zerschneidung des Waldes aufs Spiel gesetzt. Dass alle dort lebenden Arten auch anderswo in der Stadt vorkommen, sei kein Argument, sie hier zu gefährden.
Sie will sich auch im Naturschutzbeirat der Stadt dafür einsetzen, dass der Schutzstatus erhalten bleibt. Beim Wäldchen handele es sich um eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete der Innenstadt. Schneemann billigte den Planern zu, auf die Belange der Natur Rücksicht genommen zu haben. „Das ändert aber nichts daran, dass der Wald in seiner Funktion gestört würde“, meinte die Nabu-Chefin. Ein Wald sei durch seine geschlossene Kronendecke definiert.
Ein Kompromiss in der Vorstellung der Naturschützer würde die geplanten Brücken über das Lauentor zur Erschließung der Bastion Martin beibehalten. Zur Festwiese an der Wendeschleife sollten die Besucher aber auf einem bestehenden, derzeit nicht voll zugänglichen Weg innen am Wäldchen entlang geführt werden. Die Barrierefreiheit, die durch den Bastionskronenpfad hergestellt werden sollte, müsse auch bei der Version über den Boden erreicht werden, sagte Bednarsky.
Zugleich hegen die Naturschützer Zweifel an der Attraktivität des Bastionskronenpfades, der laut der Vorplanung auf 235 der 340 Meter durch das Wäldchen führen soll. Das Wäldchen sei etwa mit dem Buchenwald im Hainich, wo ein beliebter Baumkronenpfad steht, nicht vergleichbar. Ein Umspannwerk störe das Erlebnis zusätzlich. Die Pläne wurden 2017 bekannt. Laut Bednarsky wäre es Aufgabe der Stadt gewesen, schon im Ideenstadium auf den Eingriff in den Wald hinzuweisen. Christine Beckert bemühte sich seit Januar vergeblich um konkretere Informationen, sagte sie. Die Stadt hatte die Verbände und die BI zu Vorort-Terminen Ende Mai und Anfang Juni eingeladen, um ihnen als erste die Pläne vorzustellen.
Der Stadtrat hatte das Konzept für den Petersberg mit dem Bastionskronenpfad durch den Wald 2017 ohne Gegenstimmen, aber mit Enthaltungen beschlossen. Die Entwurfsplanung wurde im Oktober im Buga-Ausschuss mit sieben Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen bestätigt.