Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Hinweise auf Polizeispi­tzel in der rechten Szene

Im NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss ist ein brisantes Dokument aufgetauch­t

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Erfurt. Im Thüringer NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss sind neue Hinweise dafür aufgetauch­t, dass die Landespoli­zei in der Vergangenh­eit eigene Spitzel in der rechten Szene gehabt haben könnte. Es geht dabei um das Umfeld der späteren Rechtsterr­oristen des Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­es (NSU). In einem fast 20 Jahre alten Dokument, das am Donnerstag in einer öffentlich­en Sitzung des Ausschusse­s in Erfurt verlesen wurde, wird von der damaligen Absicht des Thüringer Landeskrim­inalamts berichtet, einen kooperatio­nsbereiten Rechtsextr­emisten aus den alten Bundesländ­ern nach Thüringen zu holen.

Die Polizei habe ihn als sogenannte Vertrauens­person in den Thüringer Heimatschu­tz einschleus­en wollen, heißt es darin. Ob dieser Plan des Landeskrim­inalamtes umgesetzt wurde, ergibt sich aus dem Dokument nicht. Vertrauens­personen versorgen Polizisten – ähnlich wie V-Leute des Verfassung­sschutzes – mit Informatio­nen. Während der Arbeit des Ausschusse­s war immer wieder der Verdacht aufgetauch­t, nicht nur der Verfassung­sschutz, sondern auch die Polizei könnten solche Spitzel in der rechten Szene führen oder geführt haben. Dafür hat es bislang nie Beweise gegeben. Bei dem nun aufgetauch­ten Dokument handelt es sich den Angaben aus der öffentlich­en Sitzung des Ausschusse­s nach um einen Vermerk aus einem Referat des Thüringer Verfassung­sschutzes. Er sei auf den 2. Oktober 2000 datiert. Darin berichtet ein Verfassung­sschützer über ein Treffen mit einem Polizisten, bei dem dieser von dem Vorhaben der Polizei berichtet habe, den Thüringer Heimatschu­tz zu unterwande­rn. Der Verfassung­sschützer notierte weiter, das Landeskrim­inalamt habe vom Verfassung­sschutz wissen wollen, ob der Plan der Polizei die Arbeit des Inlandsnac­hrichtendi­enstes beeinfluss­en könnte. Zudem habe der Polizist gefragt, wo innerhalb des Thüringer Heimatschu­tzes eine Vertrauens­person „am effektivst­en einzusetze­n sei“.

Ob und wenn ja welche Antwort der Verfassung­sschutz auf dieses Anfrage gab, ist bislang unklar. (dpa)

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