Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Johnson und Hunt treten bei Torry-Wahl um May-Nachfolge an
In einer Stichwahl entscheiden jetzt die 160.000 Parteimitglieder bis Ende Juli über den Vorsitz und damit auch über den künftigen Premierminister
London. Im Rennen um die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May liegt der erklärte Brexit-Befürworter Boris Johnson auch in der fünften und letzten Auswahlrunde deutlich vorn. Der frühere Außenminister vereinigte am Donnerstag 160 Stimmen auf sich. Auf den zweiten Platz kam der derzeitige Außenminister Jeremy Hunt mit 77 Stimmen. Umweltminister Michael Gove schied aus. Zwischen Johnson und Hunt sollen jetzt die rund 160.000 Parteimitglieder bis Ende Juli per Briefwahl als neuen Vorsitzenden abstimmen. Dieser übernimmt auch den Posten des Regierungschefs. Johnson hatte beim Brexit zuletzt eine harte Haltung gegenüber der Europäischen Union (EU) angekündigt. Die Briten hatten sich am 23. Juni 2016 mit knapper Mehrheit für die Trennung von der EU ausgesprochen. Doch der Austritt musste zweimal verschoben werden, weil sich im Parlament keine Mehrheit für das von Premierministerin Theresa May mit Brüssel ausgehandelte BrexitAbkommen fand. Die Frist für die Loslösung von der EU wurde inzwischen bis 31. Oktober 2019 verlängert. Finanzminister Philip Hammond warnte die verbliebenen Kandidaten eindringlich vor einem Brexit ohne Abkommen. Ein ungeregelter EU-Austritt würde die Wirtschaft schädigen, Milliarden Pfund Steuergelder kosten und könnte ein Auseinanderbrechen des Vereinigten Königreichs auslösen, sagte Hammond laut einem vorab verbreiteten Redetext am Donnerstag in London.
Dies könnte auch dem Labour-Oppositionschef Jeremy Corbyn bei Wahlen den Weg in die Downing Street ebnen, warnte der EU-freundliche Hammond. Die Kandidaten für Mays Nachfolge als Tory-Chef und damit auch als Premierminister müssten daher einen „Plan B“vorlegen. Johnson hatte angekündigt, den Brexit-Deal nachverhandeln zu wollen – Brüssel hat das aber kategorisch ausgeschlossen. Er hatte auch gedroht, die vereinbarte Schlussrechnung für den EU-Ausstieg in Höhe von 39 Milliarden Pfund (rund 44 Milliarden Euro) nicht zu bezahlen. Bei der Schlussrechnung handelt es sich unter anderem um langfristige Lasten wie Pensionszahlungen für EUBeamte. Auch eine erhebliche Senkung der Einkommensteuer für gut verdienende Briten stellte Johnson im Falle seiner Wahl in Aussicht. (dpa, rtr)