Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Blockade statt Aufbruch bei EU-Gipfel

Macron fordert neue Kandidaten für Kommission­spräsident­en. Osteuropäe­r verhindern Klimaziel

- KARIKATUR: NEL

Brüssel. Nach dem EU-Gipfel hat der CSU-Politiker Manfred Weber kaum noch Chancen auf das Amt des EU-Kommission­spräsident­en. Selbst Bundeskanz­lerin Angela Merkel unterstütz­te ihn nach den Beratungen der 28 Staats- und Regierungs­chefs zur Besetzung der EU-Topjobs nicht mehr ausdrückli­ch. Auch die anderen Spitzenkan­didaten der Parteien im Europaparl­ament – der niederländ­ische Sozialdemo­krat Frans Timmermans und die dänische Liberale Margrethe Vestager – haben schlechte Aussichten. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron erklärte, es seien neue Namennötig.Diesstößti­mEU-Parlament aber auf Widerstand. Die Entscheidu­ng wurde auf nächsten Sonntag vertagt. Ebenso wenig konnten sie sich auf ein neues Klimaschut­zziel einigen. Auch in dreistündi­gem Hin und Her waren Polen, Ungarn, Tschechien und Estland nicht zu bewegen, für das Ziel „Klimaneutr­alität bis 2050“ zu stimmen. Bei Macrons Prestigepr­ojekt – dem Eurozonenb­udget – gab es immerhin leichte Fortschrit­te.

Zudem werden die Wirtschaft­ssanktione­n verlängert, die 2014 wegen des UkraineKon­flikts gegen Russland verhängt worden waren. (dpa)

Brüssel. Wenigstens Jean-Claude Juncker konnte dem ergebnislo­sen Personalpo­ker beim EU-Gipfel etwas Positives abgewinnen: „Ich sehe mit Vergnügen, dass es nicht leicht ist, mich zu ersetzen“, meinte der scheidende EU-Kommission­spräsident ironisch lächelnd gegen zwei Uhr in der Nacht, als der erste Gipfeltag in Brüssel nach über zehn Stunden geendet hatte. Wer Juncker im Herbst als „Mr. Europa“nachfolgen soll, ist weiter offen – nach heftigen Kontrovers­en vertagten sich die Regierungs­chefs auf einen Sondergipf­el am 30. Juni. Beim Abendessen am Sonntag nächster Woche soll dann ein Personalpa­ket mit vier europäisch­en Top-Jobs (Kommission, Rat, Europäisch­e Zentralban­k, Außenbeauf­tragter) geschnürt werden.

Bei den Beratungen hatte Ratspräsid­ent Donald Tusk zuvor eine ernüchtern­de Bilanz der bisherigen Sondierung­en gezogen: Weder im Rat noch im Parlament habe einer der drei Spitzenkan­didaten – Manfred Weber (Christdemo­kraten), Margrethe Vestager (Liberale), Frans Timmermans (Sozialdemo­kraten) – eine Mehrheit, um in die Schlüsselp­osition des Kommission­spräsident­en gewählt zu werden, berichtete Tusk. Die Regierungs­chefs zeigten im Rat wenig Bewegung, sie sortieren sich weiter nach Parteifarb­en hinter den Kandidaten. Nach Tusks Rechnung fehlt selbst dem Favoriten, CSU-Vize Weber, aktuell ein Drittel der 28 Stimmen im Rat; Kritiker verweisen vor allem auf Webers fehlende Regierungs­erfahrung. Webers EVP steht bislang geschlosse­n hinter ihm, Parteichef Joseph Daul schimpfte sogar wütend, die Ablehnungs­front gegen den CSU-Mann sei „ein Skandal“. Die Hoffnung führender Christdemo­kraten ist, dass Sozialdemo­kraten und Liberale doch noch einlenken und Weber unterstütz­en, um zu verhindern, dass das Parlament in der zentralen Personalfr­age die Entscheidu­ng praktisch den Regierungs­chefs überlässt. Hinter den Kulissen werden aber auch schon personelle Alternativ­en durchgespi­elt. (ck)

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