Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Tausende feiern die Straßenmusik
44 Auftrittsorte bei der „Fête de la Musique“in Erfurt. Wolfgang Beese nennt das von der Kulturdirektion geplante Zwangs-Vorspiel „obszön“
Erfurt. Keine Band hat vorher vorgespielt, keine Jury grünes Licht gegeben. Und doch haben am Freitag Tausende Besucher in der Erfurter Innenstadt die „Fête de la Musique“gefeiert. Bei dem weltweit am 21. Juni begangenen Fest der Straßenmusik nahmen in Erfurt rund 200 Formationen teil, die an 44 Standorten spielten. Die Besucher waren von der Stimmung, aber auch von der Qualität der genremäßig breit gefächerten Darbietungen begeistert. Wenn gerade nicht gesungen und getanzt wurde, war der Vorsing-Vorstoß der Kulturdirektion das wohl häufigste Gesprächsthema. Demnach sollten künftig Straßenmusiker mit Interesse an Auftritten in Erfurt zuvor ihre Qualität vor einer Jury unter Beweis stellen.
Wolfgang Beese, SPD-Kulturpolitiker und Chef-Organisator der „Fête de la Musique“, nannte den Vorschlag „obszön“. „Das fällt unter Regelungswut“, sagte er. Es gebe ganz unterschiedliche Gründe, warum Menschen Straßenmusik machten. „Selbst, wenn in Einzelfällen nicht jeder Geschmack getroffen wird, ist es ein völlig absurder Vorschlag, eine Jury einsetzen zu wollen“, meinte Wolfgang Beese.
Die Kulturdirektion hatte den Vorstoß mit dem Wunsch begründet, die Qualität der Darbietungen zu heben. Sie verwies zudem auf Städte wie München, in denen eine Jury darüber entscheidet, was als Straßenmusik angemessen ist und was nicht. „Aber München beweist ja gerade, dass es nicht funktioniert“, entgegnet Beese. Das ZwangsVorspiel führe dazu, dass viele Straßenmusiker unabhängig von ihrer Qualität solche Städte von vornherein umgingen. Übrig blieben nur die Platzhirsche, die immer schon da waren. „Das macht die Straßenmusik in solchen Städten nicht besser, sondern schlechter“, findet Beese. Neu bei der „Fête de la Musique“war in diesem Jahr die Beteiligung
Ilversgehofens auf Initiative des dortigen Bürgerbeirats. Die Außenübertragung des letzten Sinfoniekonzerts der Saison auf den Theaterplatz war
ebenfalls Teil des Programms. Im Brühler Garten wurde eine Bühne exklusiv von Kinder- und Jugendensembles bespielt, die aber auch auf anderen Bühnen auftraten. Zwischenzeitliche Sorgen über drohenden Regen stellten sich als unbegründet heraus – auch die Sonne ist ein Fan der Erfurter Straßenmusik.