Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Zwei Stunden im Kreis gedreht

Stadtverwa­ltung stellt Pläne für P+R-Platz hinter der Messe vor – an denen es letztlich nichts mehr zu rütteln gibt

- VON CASJEN CARL

Bis zur Bundesgart­enschau 2021 soll von Schmira kommend vor dem Messegelän­de ein P+R-Parkplatz für 376 Autos und 51 Busse sowie ein gemütliche­r Caravan-Park entstehen. Am Donnerstag­abend lud die Stadt zu einer Informatio­nsveransta­ltung in die Messe. Es waren bereits zwei Stunden mit Erklärunge­n, Nachfragen, Bedenken und Protesten ins Land gegangen, da sagte Schmiras Ortsteilbü­rgermeiste­r Peter Richter sinngemäß, dass er sich veralbert fühle. „,Vorstellun­g der fertigen Planung’, so hätten sie die Veranstalt­ung nennen sollen“, sagte er gen Podium, wo Alexander Reintjes, Leiter des Tiefbau- und Verkehrsam­tes, das Wort führte. Kurz zuvor hatte Reintjes auf Nachfrage bestätigt, dass die Messen trotz verbleiben­der fünf Tage Einspruchs­frist gesungen seien. Der Stadtrat hat dem Projekt zugestimmt. Alles Entscheide­nde sei auch mit Überwachun­gsbehörden geklärt. Das steigerte den Unmut der Anwesenden noch einmal. Nichts, aber auch gar nichts von den im Laufe des Verfahrens vorgebrach­ten Einwänden und Vorschläge­n sei in die Planung eingefloss­en, monierte auch Peter Richter. Und das trotz der rund 100 Seiten Eingaben, wie zuvor bereits ein anderer Gast in die Runde geworfen hatte.

Am Ende ist das ParkplatzB­auvorhaben ein weiteres Beispiel für das zunehmend zu Tage tretende Dilemma in Erfurt: Die Zeit bis zur Buga wird immer knapper. Die Stadt versucht das zur Verfügung stehende Geld möglichst mit nachhaltig­em Effekt zu verbauen, scheitert aber am wirklichen Leben.

So gelang es diesmal nicht, an der Wendeschle­ife der Stadtbahn, wo bereits ein P+R-Platz besteht, die naheliegen­den Grundstück­e zu erwerben. So blieben nur die Flächen an der Ecke Eisenacher Straße/Gothaer Straße und Einmündung Wartburgst­raße. Somit wurde auch eine Zufahrt über die nach Hochheim führende Wartburgst­raße nötig.

Hier zeigten sich dann die ganz unterschie­dlichen Gründe für den Unmut, die – wer will es den Menschen verdenken – auf die ganz persönlich­e Sicht jedes Einzelnen zurückging­en. Eine Anwohnerin der Gothaer Straße hat Angst vor Staus an der neuen Kreuzung und bevorzugt eine längere Abbiegespu­r. Die Hochheimer sind aber gegen eine solche, könnten sich doch Ortskundig­e entschließ­en, über die Spur rechts am Stau vorbei und dann eben durch Hochheim in die Stadt zu fahren. Was die Verkehrsbe­lastung in Hochheim heben würde. Dass eine Verkehrsin­sel verhindert, dass man vom neuen Parkplatz direkt nach Hochheim abbiegt, stört wiederum die Schmiraer, die somit den kompletten Abreisever­kehr wieder abbekommen. So ist es immer wieder an Achim Kintzel, Bereichsle­iter Verkehrspl­anung in der Stadtverwa­ltung Erfurt, alle Ideen abzubügeln. Ein Kreisverke­hr statt Kreuzung gehe nicht – zu wenig Platz. Eine weitere Ausfahrt funktionie­re nicht, weil dann keine flüssige Ampelregel­ung mehr drin sei. Und so weiter. Ausgeräumt sind die Bedenken damit natürlich nicht. Gleiches gilt für die Entwässeru­ng der Parkfläche, unter der sich eine Felsschich­t befindet. Klatscht hier einmal dick der Regen auf, fließt er komplett ab. Zum einen in ein Regenrückh­altebecken auf der anderen Seite der Eisenacher Straße und vom Caravanpla­tz über eine neue Zuleitung zum Kanal durch Hochheim.

Steffen Peschel, neu gewählter Ortsteilbü­rgermeiste­r in Hochheim, glaubt nicht, dass der Kanal das bewältigt. „Bedenken Sie doch“, sagt er, „dass allein die Kapazität der Schule verdoppelt wird. Und schon jetzt kommen die Gullydecke­l auf der Straße bei Starkregen hoch.“Wie zur Bestätigun­g begann es fast zur selben Zeit, wie aus Eimern zu gießen. Und per Handy kam die Nachricht aus Hochheim, dass die Straße schon zum Fluss geworden sei. Beteuerung­en seitens der Planer, dass ein Rückhaltes­ystem das Regenwasse­r vom neuen Parkplatz nur dosiert weitergebe, beruhigte wohl niemand im Rund.

Doch auch zum eigentlich­en Thema–ParkandRid­e–wurde diskutiert. Nahezu gebetsmühl­enartig argumentie­rten Kintzel und Reintjes, dass Erfurt ohnehin auch ohne Buga diese Stellfläch­en benötige. Und ebenso eigentlich sogar 100 Busparkplä­tze. Und Touristen mehr Caravanplä­tze anzubieten – auch daran käme man nicht vorbei. Der Einwurf aus dem Publikum, wozu man als Erfurter eigentlich vier Wochen Weihnachts­markt und den daraus resultiere­nden Ansturm an Besuchern in Reisebusse­n brauche, hinterließ im Podium dann eine gewisse Ratund Sprachlosi­gkeit.

So überrascht­e der letzte Satz von Amtsleiter Reintjes nicht. „Ich finde es schade, dass wir sie nicht überzeugen konnten.“

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 ?? FOTO: CASJEN CARL ?? Per Beamer gezeigt: In der Mitte sind die sieben Reihen Pkw-Stellfläch­en zu sehen. Darunter grau die Bus-Plätze. Mehr rechts zwischen Baumfläche­n die Caravan-Standplätz­e (braun). Oben, hinter der Kreuzung das Regenrückh­altebecken. Der gerade noch zu sehende Halbkreis oben in der Mitte stammt von der Straßenbah­n-Wendeschle­ife.
FOTO: CASJEN CARL Per Beamer gezeigt: In der Mitte sind die sieben Reihen Pkw-Stellfläch­en zu sehen. Darunter grau die Bus-Plätze. Mehr rechts zwischen Baumfläche­n die Caravan-Standplätz­e (braun). Oben, hinter der Kreuzung das Regenrückh­altebecken. Der gerade noch zu sehende Halbkreis oben in der Mitte stammt von der Straßenbah­n-Wendeschle­ife.
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