Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Der Stoßstürme­r vorm Aussterben

Beim 6:1 der U21 gegen Serbien erzielt Waldschmid­t drei Treffer. Suche nach der echten „Nummer neun“rückt in Hintergrun­d

- VON CHRISTIAN HOCH

Triest. Belo Horizonte in Brasilien. Jahr 2014. Ein gewisser Miroslav Klose hatte gerade im WM-Halbfinale 2014 das 2:0 gegen Brasilien geschossen und sich mit seinem 16. Treffer bei einer Weltmeiste­rschaft unsterblic­h gemacht. Bei der Frage nach dem größten deutschen Stürmer überhaupt fällt der Name Klose im selben Atemzug wie die von Gerd Müller, Oliver Bierhoff oder Horst Hrubesch. Fast fünf Jahre später macht nun ein Stürmer bei der U21-Europameis­terschaft in Italien und San Marino auf sich aufmerksam, der zwar mit all diesen Namen verglichen wird, ihnen eigentlich aber überhaupt nicht ähnelt.

Luca Waldschmid­t. Der 23Jährige hat nach zwei Spielen bei der U21-EM schon vier Tore geschossen, beim zweiten Gruppenspi­el gegen Serbien war er mit einem Dreierpack der Spieler des Spiels. Der Freiburger ist zwar auf dem Aufstellun­gsbogen als Stoßstürme­r aufgeführt, doch immer wieder lässt er sich während des Spiels tief fallen oder weicht auf die Außenbahne­n aus. Nach Klose ist bisher keine echte „Nummer neun“nachgekomm­en. Doch braucht Deutschlan­d in Zukunft die überhaupt noch?

Diese Frage ist zwar nicht ganz neu, auch Bundestrai­ner Joachim Löw lässt zum Beispiel bei der A-Elf oft mit einer „falschen Neun“spielen, doch die Antworten in der Vergangenh­eit verschiede­n. Nach dem 6:1-Kantersieg gegen die serbische Mannschaft ließ U21-Trainer Stefan Kuntz einen Satz fast schon beiläufig fallen: „Einen Spielertyp­en wie Horst Hrubesch sehe ich tatsächlic­h nicht mehr im deutschen Nachwuchs.“Kuntz muss es wissen, erzielte er als aktiver Fußballspi­eler immerhin 179 Tore in der ersten Bundesliga. Und auch er verzichtet­e vor dem Turnier auf das Modell mit einem Vollblutst­ürmer vorne. „Wenn man den nicht hat, dann muss man halt anders spielen. Mit Davie Selke hatten wir bei der EM 2017 zwar eine andere Idee, jetzt geht es für uns aber mehr darum, die richtigen Räume anzulaufen, schnell zu spielen und relativ Bewegung vorne haben“, beschrieb Kuntz das gewünschte Anforderun­gsprofil für die eigene Offensive. Natürlich wäre Kuntz dieses Vorgehen negativ ausgelegt worden, wenn die deutsche Mannschaft die ersten beiden Spiele verloren hätte. Doch die Erfolge über Dänemark und Serbien sowie die Torquote seiner Offensivmä­nner geben ihm schon jetzt recht. Sieben der bisherigen neun Turniertor­e der DFB-Elf gehen auf das Konto von Marco Richter und Luca Waldschmid­t. Als Alternativ­en stehen offensiv noch Nadiem Amiri, Johannes Eggestein oder Lukas Nmecha bereit. Das sind zwar andere Namen als Müller, Bierhoff oder Klose, was für Trainer Kuntz aber keine Aussagekra­ft über deren Stärken hat: „Die Qualität von deutschen Nachwuchss­türmern ist da. Es ist wirklich toll, dass wir in allen Mannschaft­steilen top besetzt sind, aber der Klebstoff für all diese Teile ist unser Teamgeist.“

Beim abschließe­nden Gruppenspi­el gegen EM-Neuling Österreich wollen die deutschen Stürmer um Luca Waldschmid­t und Marco Richter ihr Torkonto weiter ausbauen. Ein Unentschie­den gegen den Nachbarn würde reichen, um als Gruppeners­ter sicher in das Halbfinale der EM einzuziehe­n, was gleichbede­utend mit der Qualifikat­ion für die Olympische­n Spiele 2020 in Tokyo wäre. Die Kuntz-Elf will trotzdem voll auf Sieg spielen: „Anders können wir auch einfach nicht.“

• Deutschlan­d – Österreich,

Sonntag,  Uhr, ZDF

 ?? FOTO: ALESSANDRO SABATTINI/GETTY IMAGES ?? Die deutsche Mannschaft, hier mit Mahmoud Dahoud (Mitte) und Nadiem Amiri (rechts) konnte gegen Serbien sechsmal jubeln. Luca Waldschmid­t (links) erzielte drei Tore.
FOTO: ALESSANDRO SABATTINI/GETTY IMAGES Die deutsche Mannschaft, hier mit Mahmoud Dahoud (Mitte) und Nadiem Amiri (rechts) konnte gegen Serbien sechsmal jubeln. Luca Waldschmid­t (links) erzielte drei Tore.

Newspapers in German

Newspapers from Germany