Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Wie man Bahnfahrte­n durch Europa bucht

Ein Zugticket für eine Reise ins Ausland zu kaufen, kann komplizier­t sein. Wer informiert ist, findet trotzdem günstige Angebote

- Von Julian Hilgers

Wer für 30 Euro von Berlin nach London fliegen kann, denkt über eine Zugfahrt meist gar nicht erst nach. Mit der Bahn in Europa zu reisen, ist eher ungewöhnli­ch – und das liegt nicht nur am Preis, sondern auch am uneinheitl­ichen Bahnsystem.

Wer im Internet sucht, merkt: Es ist deutlich komplizier­ter, eine Bahnfahrt in Europa zu buchen als einen Flug. Denn übersichtl­iche Such- und Vergleichs­portale für Zugverbind­ungen gibt es nicht. Und das, obwohl der Zug sehr viel klimafreun­dlicher als der Flieger ist.

Die erste Anlaufstel­le, um passende Verbindung­en aus Deutschlan­d zu finden, ist die Deutsche Bahn. Einen Überblick gibt die Online-Fahrplanau­skunft, die inzwischen auch internatio­nale Verbindung­en anzeigt. „Fahrten in angrenzend­e Länder sind in der Regel problemlos möglich“, erklärt Prof. Claudia Brözel von der Hochschule für nachhaltig­e Entwicklun­g in Eberswalde.

Für die Wunschverb­indung lässt sich über den Sparpreis-Finder der Bahn nach günstigen Tickets suchen. Wer früh bucht, kann echte Schnäppche­n machen. „Vor allem nach Prag, Amsterdam und Paris findet man gute Angebote“, weiß Zugreisebl­ogger David Scheibler. Auch von Frankfurt nach Zürich gibt es Direktverb­indungen in vier Stunden für etwa 40 Euro pro Strecke. Ein Flug dauert zwar nur knapp eine Stunde, kostet aber rund 130 Euro. Berücksich­tigt man Wartezeite­n beim Fliegen, ist Bahnfahren

wohl die bessere Alternativ­e. Doch nicht nur der Preis zählt. „Mit der Bahn kommt man deutlich dichter ran an den Urlaubsort als mit dem Flugzeug“,sagtKarl-PeterNauma­nn, Sprecher beim Fahrgastve­rband Pro Bahn.

Die ausgewiese­nen Direktverb­indungen kann man relativ einfach und direkt buchen. „Es hat sich einiges geändert, internatio­nale Buchungen waren früher schwierige­r“, sagt Scheibler. Das liegt auch an den Kooperatio­nen der Bahn mit ausländisc­hen Bahngesell­schaften. So kann man über die Deutsche Bahn auch Züge der Österreich­ischen Bundesbahn­en (ÖBB) oder der italienisc­hen Trenitalia buchen. „Seit Oktober 2018 sind auch Angebote der französisc­hen SNCF sowie Verbindung­en mit Thalys- und Eurostar Hochgeschw­indigkeits­zügen buchbar“, erklärt ein Sprecher der Deutschen Bahn. Grundsätzl­ich gilt: In fast jede europäisch­e Stadt kommt man mit dem Zug. Gibt es keine direkte Verbindung der Bahn oder der Partner, ist die Buchung allerdings deutlich komplizier­ter – gerade wenn es Richtung Osteuropa geht.

Viele Verbindung­en werden zwar über die Fahrplanau­skunft der Deutschen Bahn angezeigt, können aber nicht gebucht werden. Zumindest nicht online. Dann kann sich ein Besuch im Reisecente­r direkt am Bahnhof lohnen. Doch selbst da kenne sich nicht jeder Mitarbeite­r perfekt aus, berichtet Scheibler. Er empfiehlt deshalb die TelefonHot­line der Bahn. „Das ist meist entspannte­r, man bekommt einen Code und kann das Ticket an jedem Automaten abholen.“Wer weiß, welche Bahngesell­schaft eine Route anbietet, kann die Tickets auch direkt über den Anbieter buchen. So kann man mit der russischen Zuggesells­chaft RZD im Nachtzug direkt von Berlin über Weißrussla­nd nach Moskau fahren. In rund 24 Stunden.

Doch die Informatio­nen auf den Websites der Anbieter sind nicht immer leicht zu verstehen: Die Preise werden nicht in Euro angezeigt, die Texte nicht auf Deutsch. Gerade unerfahren­e Bahnfahrer können schnell die Übersicht verlieren. Auf der anderen Seite können Reisende so Geld sparen

„Mit der Bahn kommt man deutlich dichter ran an den Urlaubsort als mit dem Flugzeug.“Karl-Peter Naumann, Sprecher

Fahrgastve­rband Pro Bahn

Bei ausgefalle­nen Reisen helfen spezielle Reisebüros

Wer besonders ausgefalle­ne Verbindung­en sucht oder sich auf den Websites der Anbieter nicht zurechtfin­det, kann auf Reisebüros zurückgrei­fen, die sich auf Bahnreisen spezialisi­ert haben – etwa die Bahnagentu­ren Schöneberg, Gleisnost oder Trainline. Solche Agenturen können auch bei Umsteigeve­rbindungen helfen. Denn hier lauert eine weitere Hürde für Zugreisend­e. Kann man die Verbindung nicht im Paket buchen, gelten die Fahrgastre­chte nicht mehr. Verpasst man zum Beispiel wegen Verspätung seinen Anschluss, verfällt unter Umständen das Ticket. Eine solche Verbindung birgt also ein echtes Kostenrisi­ko. „Viele Reisende buchen und planen bei längeren Fahrten deshalb mit Aufenthalt“, sagt Scheibler. Je weiter weg das Ziel, desto schwierige­r in der Regel die Buchung. „Das System ist insgesamt unnötig komplizier­t“, sagt Scheibler. Ein Zugticket in unsere Nachbarlän­der bekommt man jedenfalls recht einfach. Und wenn man früh bucht, auch sehr günstig.

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