Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Hautnah Moor erleben
Die Natur malt in den schönsten Farben. Wanderer können sich davon den ganzen Sommer über im Alperstedter Ried überzeugen. Von einem Aussichtshügel offenbart sich Besuchern ein wunderbarer Blick in das Naturschutzgebiet, genauer gesagt ins Pferderied. Je nach Jahreszeit leuchten die Weiden in unterschiedlichen Farben. Der Weidenblättriger Alant zum Beispiel wird im Juli und August für einen leuchtend gelben Farbteppich sorgen. Heil-Ziest und Färberscharte geben der Feuchtwiese von Juli bis September einen lila Schimmer. Für violette Farbtupfer sorgt von Juni bis September die Knäuelglockenblume. Der Teufelsabbiss taucht die Wiese in Lila bis Blau.
Der Aussichtshügel am Pferderied ist eine von neun Stationen des neuen Moorerlebnispfades im Alperstedter Ried, mit dem sich Besucher künftig selbst über die Entwicklung des Naturschutzprojektes, das auf die Wiederherstellung der Moorlandschaft und auf eine extensive Ganzjahresbeweidung setzt, informieren können.
Die offizielle Eröffnung des Weges steht am 15. August bevor. Doch schon jetzt wird der Hügel rege genutzt, berichtet Ingrid Werres von der Stiftung Naturschutz Thüringen. Die Stiftung war nach der Auflösung der Staatlichen Umweltämter Ende der 1990er-Jahre in die Realisierung der „Moorlandschaft Alperstedter Ried“eingestiegen. Ingrid Werres betreut das Projekt seit 2006 und damit von Anfang an.
Das Gästebuch, das seit Oktober vergangenen Jahres auf dem Aussichtshügel in einem Holzschränkchen gut verstaut auf Eintragungen wartet, ist bereits halb gefüllt. Auch an der Tafel, auf der Kinder ihre Eindrücke mit Kreide festhalten können, ist in großen Buchstaben das Wort „Pferde“zu lesen. Ein Teleskop ermöglicht einen weiten Blick über die Wiese, auf der sich mit etwas Glück Exmoorponys, Wasserbüffel und Harzer Rotvieh entdecken lassen. Dass das Pferderied sowohl feuchte Lebensräume als auch Trockenrasen zu bieten hat, ist für Ingrid Werres eine „ganz verrückte Mischung“, das Ried damit ein toller Erkundungsort.
Zu den Attraktionen des etwa drei Kilometer langen Weges zählt zweifelsohne der Bohlenweg, der im März diesen Jahres fertiggestellt wurde. Er kreuzt direkt das Naturschutzgebiet und gibt Besuchern die Möglichkeit, das blütenreiche Moor voller Leben mit allen Sinnen zu erfassen. Wechselfeuchte Flachwassertümpel mit Schlammuferbereichen säumen den Weg. Leuchtend gelbe Sumpfiris fallen hier genauso ins Auge wie die rosafarbene Kuckuckslichtnelke.
Eindringlich bittet Ingrid Werres darum, dass Besucher auf dem Weg bleiben und Abstand zu den Weidetieren halten. „Hunde sind absolut tabu. Die Weidetiere reagieren auf die Vierbeiner aggressiv“, warnt sie und berichtet davon, dass der Weg auch schon von Rad- und Motorradfahrern genutzt wurde. Beides habe hier nichts zu suchen. „Die Pflanzen- und Tierwelt hat hier Vorrang!“, sagt sie. Vom Bohlenweg aus gelangen Wanderer zwangsläufig zum Vogelbeobachtungsturm, einer weiteren Station des Moorerlebnispfades. Von hier oben aus lassen sich Wiesenbrüter und Vögel, die das Alperstedter Ried als Rastplatz entdeckt haben, beobachten. Moderne Medien machen es möglich, sie auch zu hören. „Das Albert-SchweitzerGymnasium in Erfurt hat für uns eine App entwickelt, mit der sich Vogelstimmen anhören lassen“, erklärt Ingrid Werres und hofft darauf, mit der Idee viele Kinder und Jugendliche begeistern zu können.
Das Handy nutzen können Naturfreunde auch, um herauszufinden, welche Brutvögel in der Region vorkommen. Dafür hat die Stiftung mit der Ornithologischen Gesellschaft einen Vertrag geschlossen. „Möglich wird es damit, die aktuell erfassten Vogelvorkommen per QRCode abzurufen“, erklärt sie. Blicken lässt sich vom Turm aus auf das steuerbare Wehr, das eingebaut wurde, um das Moor feucht zu halten. Von hier aus ist der Wilde-Weide-Pfad in den Rundweg integriert. Der Name ist Programm. Die an die hundert Jahre alten Kopfweiden stehen hier genauso im Fokus wie die Weide selbst. Informationstafeln klären über die doppelte Bedeutung auf. Eine Waldschänke lädt zur Rast ein. Wer den Rundweg weiter verfolgt, gelangt zur nächsten Station, die einen Blick in den Bruchwald gewährt. Durch Hörrohre können Besucher dem Blätterrauschen lauschen. Ein extra aufgehängter Bilderrahmen soll die Blicke ganz bewusst lenken. „So würde das Gebiet aussehen, wenn der Mensch nicht eingreifen würde. Wertvolle Lichtachsen würden verschwinden“, erklärt Ingrid Werres. Wie sie informiert, werden bis zur Eröffnung alle Informationstafeln sowie Hör- und Aussichtsfernrohre entlang des Weges aufgestellt sein. Selbst Flyer zum Mitnehmen und Postkarten für Grüße aus dem Alperstedter Ried wird es geben. Froh ist Ingrid Werres über die breite Unterstützung. So hat sich die Gemeinde bereit erklärt, für die Unterhaltung des Weges zu sorgen. Dankbar ist sie auch den Landwirten, die für den Tierbestand sorgen.