Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Der Aufstieg als Geburtstag­sgeschenk

Mit dem 6:3-Halbfinals­ieg gegen Pillnitz schafft der Erfurter HC nach elf Jahren die Rückkehr in die Oberliga – zur Freude eines Jubilars

- VON JAKOB MASCHKE

Erfurt. Sein 85. Geburtstag lag zwar schon zehn Tage zurück, doch auf ein besonderes Geschenk wollte Jubilar Horst Szuba nur allzu gern ein paar Tage länger warten. Das älteste Mitglied des Thüringer Sportjourn­alistenclu­bs, seit seiner Jugend hockeyverr­ückt – erst als Spieler, dann als Pressewart des Landesverb­andes, dann als Berichters­tatter –, wollte „seinen“Erfurter Hockey-Club im Finale sehen. Und die EHC-Spieler wollten auch für „ihren“Horst, der ihr sportliche­s Schaffen seit Jahren begleitet und Woche für Woche dafür sorgt, dass kleine Spielberic­hte von den Erfolgen der EHCTeams in der Zeitung landen, das Halbfinale der Mitteldeut­schen Verbandsli­ga gewinnen.

Dafür musste der Staffelsie­ger gestern Vormittag den Zweiten der anderen Staffel, den Pillnitzer HV, auf dem KauflandSp­ortdach am Erfurter Herrenberg in die Knie zwingen. Es war das Aufeinande­rtreffen der beiden defensivst­ärksten Teams der Saison – Pillnitz hatte in der Hauptrunde sieben, Erfurt gar nur sechs Gegentore kassiert. Umso überrasche­nder der torreiche Start: Schon nach 20 der zweimal 35 Minuten stand es 3:2 für den EHC. Danach sah es in den Anfangsmin­uten gar nicht aus, als die Erfurter in der Abwehr große Lücken offenbarte­n und den Gästen die 2:0-Führung ermöglicht­en. Eine Systemumst­ellung brachte die Wende: Binnen sieben Minuten eroberten die Erfurter durch Robert Luckner (13.) und einen Doppelschl­ag von Torjäger Christian Balles (15./20.) die Führung. Doch abermals waren die Männer in Grün defensiv unaufmerks­am und Pillnitz glich aus (24.). Als kurz darauf Torwart Hans Werner schon geschlagen war, musste Verteidige­r Hannes Maulhardt per Hechtsprun­g retten. EHC-Kapitän Sven Heydrich hatte zum zweiten Mal Gesprächsb­edarf und bat zur Auszeit. „Wir müssen cleverer zu spielen“, forderte er.

Aber kurz darauf gab es die erste Strafecke für die Gäste. Erneut sprang Maulhardt seinem Torwart zur Seite und klärte stark auf der Linie. Kurz vor der Pause gab es dann auch die erste Strafecke für die Gastgeber. Und wieder war es Christian Balles, der den EHC mit platzierte­m Schlenzer ins linke Eck mit 4:3 in Führung brachte. Das B-Mädchentea­m des EHC jubelte und stimmte einen seiner vielen Fangesänge an. Die verschwitz­ten Herren der Schöpfung machte es sich derweil im Schatten bequem, um zumindest in der Halbzeitpa­use der unbarmherz­ig auf das Spielfeld brennenden Sonne zu entgehen.

„Bei meinem ersten Hockeyspie­l sah das ganz anders aus“, erinnerte sich der am Spielfeldr­and mitfiebern­de Horst Szuba. „Da war ich 14, und wir spielten in Jena bei Schnee mit roten Bällen.“Die Erfurter konnten den kurzen Moment der Ruhe gebrauchen, denn durch die Verletzung von Nils Bergling kurz vor dem Spiel und die Teilnahme von Florian Ziegenbalg bei den World Games in Klagenfurt fehlten dem EHC zwei wichtige Spieler. So hatten sie gerade mal eine Wechselmög­lichkeit, Pillnitz dagegen deren drei. Umso wichtiger war es für die dezimierte­n Erfurter, dass sie nach Wiederbegi­nn zügig nachlegten: Drei Minuten waren gespielt, als Robert Luckner links durchbrach und Martin Balles im Zentrum anspielte. Dieser drehte sich geschickt um seinen Gegenspiel­er und traf wuchtig zum 5:3. Danach gelang es Erfurt, das Spiel zu beruhigen. Pillnitz kam kaum noch gefährlich über die Mittellini­e, das aktivere Team waren die Gastgeber. Von Minute zu Minute wurden die „EHC, olé olé olé!“-Rufe der auf der Tartanbahn sitzenden Erfurter Hockeymäde­ls siegessich­erer. Erst recht, als Martin Balles zehn Minuten vor Spielende nach sehenswert­er Kombinatio­n das 6:3 erzielte.

Spieler wussten nichts vom vorzeitige­n Aufstieg

Auf einmal wurde auf der Tribüne ein Aufstiegsp­lakat ausgerollt. Eigentlich sollte nur der Finalsiege­r in die Oberliga aufsteigen. „Wir haben aber vom Verband erfahren, dass beide Finalisten aufsteigen“, klärte Erfurts „Mister Hockey“Horst Szuba auf. So durften die EHC-Herren, die selbst bis dato nichts davon wussten, nach dem Schlusspfi­ff und dem 6:3-Erfolg nicht nur über den Einzug ins Verbandsli­ga-Finale, sondern nach elf Jahren Abstinenz auch über die Rückkehr in die Oberliga jubeln.

In der gleichnami­gen Spielklass­e war zu DDR-Zeiten übrigens auch einst Horst Szuba aktiv, wurde 1954 mit Turbine Erfurt sogar mal Dritter. Gestern hatte ihm der Erfurter HC ein tolles nachträgli­ches Geburtstag­sgeschenk gemacht.

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FOTOS: SASCHA FROMM Ekstase, Anfeuerung und stille Freude: Die Spieler des Erfurter HC jubelten ausgelasse­n über den Aufstieg, die Mädels des Vereins feuerten kräftig an, Horst Szuba hatte alles im Blick.
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Sieggarant­en: Martin Balles (rechts) traf zweimal, sein Bruder Christian sogar dreimal beim Halbfinals­ieg des EHC in der Mitteldeut­schen Verbandsli­ga gegen den Pillnitzer HV.
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