Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Bahnhof vorübergeh­end ohne Züge

Wegen einer Software-Umstellung fuhren von Samstag bis Sonntagmit­tag nur Busse vom Hauptbahnh­of ab. Trotz großer Beeinträch­tigungen blieb ein Chaos aus

- VON HOLGER WETZEL

Erfurt. Aus dem stolzen ICEKreuz ist am Wochenende vorübergeh­end ein regionales Kreuzlein geworden. Man kam zwar weiterhin in vier Hauptricht­ungen, doch hießen sie nach Auskunft einer Bahn-Mitarbeite­rin Erfurt-Ost, Erfurt-West, Weimar und Neudietend­orf – und es fuhren nur Busse. Eine SoftwareUm­stellung hatte den Hauptbahnh­of planmäßig lahm gelegt.

„Nach einigen Anlaufschw­ierigkeite­n läuft es den Umständen entspreche­nd gut“, sagte am Samstagmit­tag eine Abellio-Mitarbeite­rin, die mit einer Kollegin vor dem fast fertigen Prizeotel stand und die Fahrgäste zu den richtigen Bussen wies. Dort, wo etwas weiter hinten auch die Fernbusse halten, befand sich der improvisie­rte Bahnsteig. In Ostrichtun­g fuhren die Busse nach Weimar ab, in Westrichtu­ng nach Neudietend­orf.

Allerdings hielt gerade ein Bus auf der falschen Straßensei­te. „Sehen Sie, das ist so ein Moment, wo es komplizier­t wird“, meinte die Abellio-Frau.

In der Nähe stand Klaus Seidenstüc­ker mit einer Bekannten. Sie wollten nirgendwo hin. Doch warteten sie auf Besuch aus Wittenberg. „Mit dem ICE sind es deutlich unter zwei Stunden, heute sind es über vier“, sagte der Erfurter. „Unser Besuch hat sich wahrlich das falsche Wochenende ausgesucht“, meinte die Bekannte.

Das größte Problem für die beiden war jedoch, dass sie nicht wussten, mit welchem Bus der Besuch nach vier Mal umsteigen ankommen würde. Jedes Mal, wenn ein neuer Bus die Türen öffnete, liefen sie hin, um nachzusehe­n. An die richtige Informatio­n zu kommen, sei schwierig. „Doch die Mitarbeite­r bemühen sich, und es gehört ja auch was dazu, so viele Busse zu organisier­en“, meinte die Frau verständni­svoll. Erwartungs­gemäß ging es im Hauptbahnh­of ungewohnt ruhig zu. Eine junge Frau studierte minutenlan­g die ausgehängt­en Ersatzfahr­pläne. Sie wollte nach Weimar zur Arbeit, hatte die Sperrung aber nicht auf dem Schirm und wusste noch nicht, wo die Busse abfahren. Jetzt überlegte sie, ob sie es noch rechtzeiti­g schaffen würde. Die Geschäfte empfingen nur vereinzelt Kundschaft. „Ein paar Leutchen waren da, aber so richtig lohnt es sich nicht“, meinte eine Obstverkäu­ferin. „Aber als vor ein paar Jahren tagelang gestreikt wurde, war das aber schlimmer.“

Vor den Informatio­nsschalter­n von Abellio und Deutscher Bahn bildeten sich nur zeitweise Schlangen. „Die meisten Fahrgäste wissen Bescheid“, meinte eine Bahn-Mitarbeite­rin in einem ruhigen Moment ganz ohne Kundschaft.

Laut der Abellio-Kundenbetr­euerin habe es auch ungehalten­e Gäste gegeben, was zum Teil ja auch verständli­ch sei. „Aber solche eine Sperrung gibt es jedes Jahr, und sie ist gut durchorgan­isiert“, sagte sie.

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FOTO: HOLGER WETZEL Vor dem neuen Prizeotel fuhren am Wochenende die Busse in Richtung Weimar ab (rechts), von der anderen Straßensei­te in Richtung Neudietend­orf.

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