Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Junkermann fordert mehr Würdigung des Ostens
Scheidende Landesbischöfin vermisst Wertschätzung für die Leistungen der einstigen DDR-Bürger
Magdeburg. Die scheidende Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, will sich weiter einsetzen für mehr Wertschätzung der Leistungen der Ostdeutschen. „Dafür möchte ich werben auch in meiner künftigen Aufgabe: Die Menschen sind hier einen eigenen Weg gegangen, einen zum Teil deutlich schwereren Weg in vielerlei Hinsicht. Es braucht eine größere Würdigung dieses Besonderen“, sagte Junkermann in einem Interview. „Das ist etwas, das mich auch geistlich beschwert: der Stand der deutschen Einheit ist, dass die Eigenheit und die eigenen Errungenschaften der Menschen hier zu wenig angemessene Würdigung erfahren.“
Mit einem Gottesdienst im Magdeburger Dom wird die 62Jährige am 6. Juli nach zehn Jahren aus dem Amt verabschiedet. Als Landesbischöfin stand sie zehn Jahre an der Spitze der EKM, die rund 700.000 Mitglieder in Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in kleinen Teilen Sachsens und Brandenburgs hat. Künftig wird Junkermann, deren Amtszeit nicht verlängert worden ist, an der Universität Leipzig tätig sein. Dort ist die neue Forschungsstelle „Kirchliche Praxis in der DDR. Kirche (sein) in Diktatur und Minderheit“eingerichtet worden. Ilse Junkermann stammt aus Baden-Württemberg, sie ist verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn. Auf Junkermann folgt Friedrich Kramer als Landesbischof der EKM.
Künftig will sich Junkermann deutlich zurücknehmen: „Mir ist sehr wichtig, dass mein Nachfolger, der neue Bischof, wirklich den ganzen Raum einnimmt und ich mich ganz zurückziehe“, erklärte sie. Allerdings plane sie noch im September die Eröffnung der Sonderausstellung im Lutherhaus Eisenach zum sogenannten Entjudungsinstitut.
Es fing wohl damit an, dass einst nahe eines kleinen Landstädtchens der Quell eines heilkräftigen Wässerleins gefunden ward. Die Sache sprach sich herum, die Leute kamen mit ihren Trinkkrügen gerannt, der Ort legte sich den Beinamen Kurbad zu sowie ein Kurorchester und erhob schon bald eine Kurtaxe. Das war eine Art Wegezoll, den alle entrichten mussten, die die Wege durch den Kurpark, über die Kurpromenade oder zur Kurverwaltung benutzten – nur die Einwohner nicht, die hatten den Nutzen davon. Die Kurgäste maulten zwar, gewöhnten sich aber und hielten die vom Kurarzt empfohlene Anwendung ein, sich nicht aufzuregen. So gingen die Jahrhunderte bei guter Gesundheit ins Land. Goethe schrieb die Karlsbader Elegien, im Kurhaus des Ostseebades Scharbeutz hielt Grass seine Dankesrede für den Büchner-Preis und alle waren zufrieden.
Jetzt aber belebt sich die Diskussion wieder. Und zwar nicht nur in verschlafenen deutschen Landstädtchen, sondern weltweit und in Metropolen. Städte wie Paris, Barcelona und Venedig wollen partout keine Gäste und Besucher mehr. Jedenfalls nicht so viele. Touristen sind plötzlich unerwünscht. Sie drängen sich durch die engen Gassen der malerischen Innenstädte, lärmen in den Kathedralen und erschrecken die Tauben auf dem Markusplatz. Während es in Venedig vor allem die Passagiere der großen Kreuzfahrtschiffe sind, die für Unruhe und Ärger sorgen, fluten in Dubrovnik Fanhorden nach jeder Folge der Serie „Game of Thrones“die mittelalterliche Altstadt, die als Drehort herhalten musste. Die Einwohner getrauen sich kaum noch auf die Straße, sie wähnen sich im Belagerungszustand. Und auch die Touristen selbst fühlen sich nicht mehr wohl in ihrer Haut. Die Umfrage einer Beratungsfirma jedenfalls ergab, dass sich jeder zehnte Reisende in seinem Urlaubserlebnis beeinträchtigt fühlt. Es ist eben nicht schön, wenn man für viel Geld von zu Hause weg will, fort vom Alltag und von all den anderen, und dann feststellen muss, dass die schon da sind. Städte wie Venedig und Barcelona wollen sich jetzt mit Eintrittsgeldern dagegen wehren. Das wäre eine moderne Art Kurtaxe für den overtourism. Es wird schwierig werden, die zu erheben. Eine Möglichkeit wäre, es mit Zollhäuschen und -schranken an den Stadttoren zu versuchen. Das hat im Mittelalter gut funktioniert, und es entspräche durchaus dem Geist der Zeit. Der wirft zwischen den USA und China, Russland und Europa mit Strafzöllen nur so um sich. Vielleicht muss er, der Geist der Zeit, dringend zur Kur. Drei Wochen Bad Berka können Wunder wirken.