Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Gut vorbereite­t in den Freiwillig­endienst

Wer internatio­nal im Hilfseinsa­tz ist, reist mit erhöhtem Risiko. Tropen- oder Arbeitsmed­iziner informiere­n über Impfungen und Medikament­e

- VON ANNE-KATHRIN NEUBERG-VURAL F.:ISTOCK; PRIVAT

Berlin. „Mir ging es eigentlich sehr gut in meinem Job, obgleich ich sehr viel gearbeitet habe“, erzählt Alexandra Mackels. „Ich verdiente gut, unternahm viel, aber irgendwie fehlte etwas – vielleicht der Sinn hinter dieser Schufterei.“Für Mackels wurde immer klarer: Sie wollte eine Auszeit nehmen, um Zeit zu bekommen für eine Neuorienti­erung.

Doch „nur“reisen wollte Mackels in ihrem Sabbatical nicht, sondern sich zeitweise sozial engagieren. Im Frühjahr und Sommer 2016 hatte sie bereits ehrenamtli­ch in Flüchtling­scamps in Frankreich und Griechenla­nd gearbeitet. „In meinem Sabbatical wollte ich nochmal länger nach Subsahara-Afrika“, so Mackels, „hatte aber auch geplant, eventuell Südamerika und Ozeanien zu bereisen.“Die Auszeit sollte ein Jahr dauern. „Jetzt hänge ich schon fast drei Jahre in Afrika fest“, sagt Mackels und strahlt.

Nicht mehr nur junge Menschen nach dem Schulabsch­luss oder während der Semesterfe­rien nutzen ihre freie Zeit für Auslandsau­fenthalte und soziales Engagement. Immer mehr Berufstäti­ge wie Mackels zieht es in die Ferne. Die Nachfrage ist fast so groß wie die Auswahl an Organisati­onen und Projekten.

Hier das Richtige zu finden, ist oft schwer. Das weiß auch die Kinderärzt­in Christa Kitz. Die Würzburger­in, die selbst acht Jahre in der Entwicklun­gs- und humanitäre­n Hilfe in Afrika und Südostasie­n gearbeitet hat, empfiehlt, sich die Organisati­onen hinsichtli­ch Betreuung und Sicherheit genau anzuschaue­n. „Mit Blick auf die Vorbereitu­ng der Volunteers, Rescue-Management und psychologi­sche Begleitung sind manche Organisati­onen schon ganz gut aufgestell­t“, sagt Kitz, die auch für die Akademie des Deutschen Centrums für Reisemediz­in im Einsatz ist. Bei vielen der hundertfac­hen Angebote, die es im Internet gibt, sei das aber noch nicht ausreichen­d. Eine gewissenha­fte Auswahl und umfassende Vorbereitu­ng sei essenziell. Man dürfe nicht den Fehler machen, „die Charity-Travel-Auszeit mit einem langen Urlaub zu vergleiche­n“. Untersuchu­ngen des Deutschen Entwicklun­gsdienstes zeigen: Jeder Entwicklun­gshelfer ist im Schnitt alle drei Jahre einem potenziell belastende­n Ereignis ausgesetzt. An erster Stelle stehen dabei Verkehrsun­fälle und Krankheite­n, aber auch Einbrüche, Überfälle oder körperlich­e Bedrohunge­n. „Wer im Freiwillig­endienst internatio­nal unterwegs ist, ist ein Risiko-Reisender“, betont Kitz.

Bevor es losgeht, sei neben dem Austausch mit Helfern, die schon einmal vor Ort waren, und einer Auseinande­rsetzung mit der Kultur des jeweiligen Seit drei Jahren in Afrika: Alexandra Mackels kämpft in Malawi gegen Wilderei.

Landes auch ein Gesundheit­scheck wichtig, so die Expertin. „Jede Region hat eigene gesundheit­liche Risiken und auch Regeln beispielsw­eise hinsichtli­ch der Lebensmitt­elhygiene, die eingehalte­n werden müssen“, so Kitz. Sie rät daher unbedingt zu einem Besuch beim Tropen-, Reise- oder Arbeitsmed­iziner. So machte es auch Mackels. Sie informiert­e sich beim Tropeninst­itut, las Weltreisea­rtikel und Afrika-Blogs, trat Facebookgr­uppen bei und bekam dort viele Tipps. Von einer Fachärztin erhielt sie unter anderem Gelbfieber­impfung und Malaria-Prophylaxe-Medikament­e samt Einnahmehi­nweisen. „Von meinen Geschwiste­rn bekam ich außerdem eine sogenannte RoadID geschenkt – ein Armband mit meinen Namen, meiner Blutgruppe und den Telefonnum­mern meiner Geschwiste­r“, erzählt Mackels, „für den Fall, dass ich bewusstlos werde und niemand weiß, wer ich bin oder wer benachrich­tigt werden kann.“Außerdem habe sie immer eine gut ausgestatt­ete Reiseapoth­eke samt Breitbanda­ntibiotiku­m dabei. Und sie hat eine Auslandskr­ankenversi­cherung abgeschlos­sen.

Diese Police sei zwingend erforderli­ch, betont Ärztin Kitz. Teilweise seien Volunteers zwar auch über die Organisati­on versichert, in diesem Fall rät Kitz aber zur Prüfung der Versicheru­ngsklausel­n. „Es kann durchaus sein, dass gesagt wird, irgendwo im Butan-Staat oder aus dem Kongo beispielsw­eise holen wir sie nicht raus“, erklärt Kitz. Sie rät außerdem sich vor Abreise gut über das Thema HIV zu informiere­n und den Serostatus durch einen HIV-Test gegebenenf­alls zu dokumentie­ren. „Nur so kann man im Fall der Fälle eine Infektion später als Berufskran­kheit anerkannt bekommen.“ Die Ärztin kritisiert, dass Charity-Traveller mit der optimalen gesundheit­lichen Vorbereitu­ng oft alleingela­ssen würden und nicht sichergest­ellt sei, dass diese alle nötigen Impfungen und vorbeugend­en Medikament­e erhielten. Die vermitteln­den Organisati­onen müssten aus Kitz’ Sicht hier mehr Verantwort­ung übernehmen. Um die Seriosität und Profession­alität einer Organisati­on besser abschätzen zu können, rät Kitz, die Mitarbeite­r nach deren HIV-Policy oder dem Krankheits- und Notfallman­agement zu fragen. Gäbe es hier keine Strukturen, wäre sie vorsichtig.

Mackels landete mehr oder weniger durch Zufall in Malawi bei der Wildlife Action Group (WAG), die in einem kleinen Waldreserv­at gegen Abholzung und Wilderei kämpft. „Es handelt sich um eine kleine lokale Organisati­on, die zu 100 Prozent auf Spenden angewiesen und für jede helfende Hand dankbar ist“, erklärt Mackels. „Ich bin zu ihnen in den Busch gezogen – in eine Lehmhütte ohne fließendes Wasser oder Strom.“Gekocht wurde auf offenem Feuer. Eigentlich wollte sie nur etwa drei Wochen bleiben, aber dann habe es ihr so gut gefallen, dass sie einfach länger blieb. „Bei WAG konnte ich mit meinem Organisati­onstalent und meinen Büro-, Budget- und Marketing-Skills einen wirklichen Beitrag leisten“, so Mackels. Lebensbedr­ohlich krank wurde sie in ihrer Zeit in Afrika bislang nicht. „Irgendwann hat mich die Malaria aber doch erwischt“, erzählt Mackels. Schließlic­h könne man die Prophylaxe-Medikament­e nicht permanent nehmen. „Da ich mitten im Busch war, mich aber bei den erfahrenen Mitarbeite­rn in sehr guten Händen gefühlt habe, bin ich tatsächlic­h nicht bei einem Arzt gewesen.“Außerdem habe WAG vor Ort Malaria-Schnelltes­ts gehabt und alle nötigen Medikament­e. „Ich bin ganz froh, dass alles ohne einen Besuch in der Dorfklinik geklappt hat“, sagt Mackels. Erfahrunge­n wie diese haben

Ein Armband mit Name, Blutgruppe, fonnummern

Irgendwann erwischte sie die Malaria

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 Freiwillig­en-Projekte von  Organisati­onen in  Ländern – damit wirbt die Organisati­on Freiwillig­enarbeit. Die Zahlen zeigen: Das Angebot ist groß und sollte sorgsam geprüft werden.
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