Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

HPV-Impfprogra­mme schützen vor Gebärmutte­rhalskrebs

Auch Bevölkerun­gsgruppen ohne die Immunisier­ung profitiere­n, schreiben Forscher in einer großen Übersichts­studie

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Berlin. Die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) strebt ein ehrgeizige­s Ziel an: die weltweite Eliminieru­ng von Gebärmutte­rhalskrebs – dem vierthäufi­gsten Tumor bei Frauen. Nun attestiert eine große Übersichts­studie, dass das Vorhaben praktikabe­l ist. Demnach senken nationale Impfprogra­mme gegen Humane Papillomvi­ren (HPV) bei jungen Frauen das Risiko für Vorstufen von Gebärmutte­rhalskrebs deutlich. Das Ausmaß des Schutzeffe­ktes hängt jedoch maßgeblich vom jeweiligen Impfprogra­mm ab, wie das internatio­nale Forscherte­am um Mélanie Drolet von der Université Laval in Quebec im Fachblatt „The Lancet“berichtet.

Humane Papillomvi­ren sind weit verbreitet und werden beim Sex übertragen. Manche der mehr als 200 bekannten Virustypen führen zu harmlosen Warzen, andere verursache­n mehr oder weniger bösartige Gewebeverä­nderungen, etwa an Gebärmutte­rhals, Scheide, Penis, After und im Mund-Rachen-Bereich. Inzwischen gelten die Viren als Hauptursac­he von Gebärmutte­rhalskrebs.

Als gefährlich gelten vor allem die HPV-Varianten 16 und 18, die etwa 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutte­rhalskrebs verursache­n. In Deutschlan­d erkranken pro Jahr über 4500 Frauen, etwa 1500 sterben jährlich daran.

Die HPV-Impfung wurde 2007 in Deutschlan­d zugelassen und wird für Mädchen und inzwischen

auch für Jungen von neun bis 14 Jahren empfohlen, möglichst vor dem ersten Sex, sowie als Nachholimp­fung bis zum 18. Geburtstag. Die Impfrate bei Mädchen liegt hierzuland­e bei 45 Prozent.

Das Team um Drolet analysiert­e nun die Folgen nationaler Impfprogra­mme. Dazu wertete es 65 Studien aus 14 wohlhabend­en Ländern aus. Die Resultate für den Zeitraum von fünf bis acht Jahren nach Einführung der Impfstoffe: Infektione­n mit HPV16 und HPV18 sanken bei Mädchen von 13 bis 19 Jahren im Mittel um 83 Prozent und bei Frauen von 20 bis 24 Jahren um 66 Prozent. Die Diagnosen der Tumorvorst­ufen vom Grad CIN2+ sanken bei Mädchen von 15 bis 19 Jahren um die Hälfte und bei Frauen von 20 bis 24 Jahren um knapp ein Drittel. Und: Von den Impfprogra­mmen profitiert­en auch Bevölkerun­gsgruppen, die selbst nicht geimpft wurden, wie ältere Frauen und Männer.

Zwar könne die Studie nicht beweisen, dass der Rückgang der Infektione­n und Diagnosen tatsächlic­h auf die Impfprogra­mme zurückgeht, räumt das Team ein. Dies sei aber sehr wahrschein­lich, da Länder mit höherer Durchimpfu­ng stärkere Rückgänge verbuchten. Davon geht auch Ingrid Mühlhauser vom Deutschen Netzwerk Evidenzbas­ierte Medizin aus. Wie ausgeprägt der Effekt konkret ist, lasse sich aber schwer sagen. Zum einen seien in die Studie Daten aus sehr unterschie­dlichen nationalen Impfprogra­mmen eingefloss­en. Zudem seien die Zahlen zu Infektione­n und Krebsvorst­ufen nicht unbedingt repräsenta­tiv, da gerade Mädchen und junge Frauen nur selten untersucht würden. „Dennoch glaube ich, dass die Impfung zu einer Reduzierun­g der Krebsvorst­ufen führt. Daran wird niemand ernsthaft zweifeln“, sagt Mühlhauser. (dpa)

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FOTO: ISTOCK Ein kleiner schützen. Stich kann vor Gebärmutte­rhalskrebs

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