Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
80 Prozent für die demokratischen Parteien
Die überwiegende Mehrheit der Deutschen traut den AfD-Oberen nicht. Kopfschütteln über Einlassungen zum Klimawandel
Johannes Bock aus Weimar schreibt unter anderem: Arndt Schuster aus Jena macht in seinen jüngsten Leserbriefen erneut unverhohlen Wahlkampf-Reklame für die AfD. Beide Beiträge enden mit Hinweisen auf Bundestagsreden oder „fantastische“Pressekonferenzen. Bei so viel Huldigung werden Erinnerungen an Ostzonenzeiten wach.
Der Reihe nach. Im Prinzip geht es zwar um die bei den letzten Europa-Wahlen im Osten – verglichen mit dem Westen – doppelt so hohen Stimmanteile. Getreulich gibt es Schmähungen der etablierten Parteien mit, ich zitiere: „Es ist wahr, dass viele Ostdeutsche unter den Maßnahmen der Regierung, wie Euro-Rettung, Energiewende (Strompreise) und Masseneinwanderung (Arbeitsplätze und Wohnungen) besonders viel zu leiden haben.“Die enormen Aufbauleistungen und den erreichten Wohlstand verschweigen Arndt Schuster und natürlich auch die AfD. Sie tun dies, um Unzufriedenheit zu befördern, Neid anzustacheln, Ängste zu erzeugen. Das ist primitiv.
Obgleich tatsächlich die Botschaft der Partei-Oberen in der ehemaligen DDR auf fruchtbareren Boden fällt, haben fast 80 Prozent der Wählerinnen und Wähler ihre Stimmen den demokratischen Parteien gegeben. In den sogenannten alten Bundesländern sind es sogar knapp 90 Prozent. Ganz einfach: die überwiegende Mehrheit der Deutschen traut Meuthen, Höcke, Gauland, Weigel nicht. Zur Lektüre empfohlen sei die Schrift der Heinrich-Böll-Stiftung „Was die AfD wirklich will“. Klar wird die Alleinherrschaft angestrebt. Schlussfolgernd könnten dies für die Partei im „Osten“und „Westen“bedeuten: dieser als rechtsextrem eingeschätzten AfD will man die Macht nicht überlassen. In dem ausgerechnet am 17. Juni abgedruckten Leserbrief werden die abenteuerlich anmutenden, sich gegen die Wissenschaft richtenden Ideen vom naturbedingtem Klimawandel ausgebreitet. Jedenfalls, meint die AfD, sei der Kohlendioxid-Ausstoß wohl kaum Schuld. Wie immer, sollen die „Berechnungen“herhalten. Der Anteil Deutschlands betrage sowieso nur zwei Prozent. Ein Satz wie, ich zitiere: „Ausgerechnet das (noch) hoch industrialisierte Deutschland macht sich mittlerweile von volatilen Energiequellen und vom Ausland abhängig, einfach absurd!“Es fällt auf, dass mit „volatil“(= schwankend ) der Umstieg auf die erneuerbare Energie ins Lächerliche gezogen werden soll. Hier wird indirekt der Fortbestand der Kohlekraftwerke und direkt ein Ende der Verteufelung des Verbrennungsmotors gefordert. Technischer Fortschritt nach AfD-Vorstellungen; dagegen müssen sich aufrechte Demokraten zur Wehr setzten. Fehlen darf in dem Brief auch nicht das „ungebremste Bevölkerungswachstum“in Afrika und Nahost, weil das schließlich Existenzängste erzeugen kann.