Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Neue Erfurter Architektu­r mit alten Ansichten

Stadtbumme­l der besonderen Art: Einblicke in sonst meist verschloss­ene „prägende Räume“

- VON HARTMUT SCHWARZ

Erfurt. Sie hätten unterschie­dlicher nicht sein können – hatten aber Eines gemeinsam: Alle Objekte, die am Wochenende am „Tag der Architektu­r“für Interessie­rte in Erfurt geöffnet wurden, hatten eine gut funktionie­rende Klimaanlag­e. Bei den extremen Temperatur­en sorgte diese für einen angenehmen Aufenthalt – und für mehr Fragen, als in den Jahren zuvor. Bereits in der 25. Saison wurde zu dieser Architek-Tour eingeladen.

Auch in Erfurt gab es wieder zahlreiche Gelegenhei­ten für einmalige Einblicke in „prägende Räume“– inklusive Erläuterun­gen der „Schöpfer“. In der Hugo-John-Straße, im Zentrum für Kreativwir­tschaft, im Anger 36, im Kosmetikze­ntrum, im Domquartie­r in der Domstraße, in der Wohnanlage der WBG Erfurt in der Berliner Straße 54140, in ein Reihenhaus in der Meineckest­raße, auf dem neuen Spielplatz am Fuchsgrund und im „B 38“in der Bahnhofstr­aße. Von allen Besuchs-Angeboten war das Bürogebäud­e in der Bahnhofstr­aße am wenigsten zu übersehen. Es liegt direkt in der Fußgängerz­one, wird tagtäglich von tausenden Passanten gesehen – oder übersehen. Wer das Angebot am Wochenende wahrgenomm­en hat, wird das „B 38“vielleicht noch einmal besuchen, nur wegen dem Treppenhau­s – während der Bürozeiten ist dieses für Besucher geöffnet. Denn dieses wurde nicht nur komplett neu gebaut, sondern ist auch eine kleine Galerie, die direkt durch die Erfurter Altstadt führt. Der vogtländis­che Grafiker Alfred Görstner (selbst hauptberuf­lich Architekt) hat über die Etagen großformat­ige Kreide-Grafiken an die Wände gebracht. Drei Monate lang gehörte er mit seiner Stehleiter und Staffelei zuvor zum Erfurter Stadtbild, ließ sich von Touristen bei seinen Momentaufn­ahmen in der Altstadt über die Schulter blicken – musste Kaufangebo­te ablehnen. Von 30 Skizzen wurden elf auserwählt, um das neue Treppenhau­s visuell räumlich zu erweitern. Von der Krämerbrüc­ke ganz unten, bis zum Dom in der obersten Etage, ersteigt der Besucher des Bürogebäud­es die schönsten Plätzchen der Stadt – verzichtet gern auf den alternativ­en Fahrstuhl. Auch der sei neu in Position gebracht worden, erklärt Architekt Enrico Seeboth. Die Herausford­erung beim vor wenigen Tagen erst abgeschlos­senen Umbau des Gebäudes bestand darin, die einst konkret für ein Bankhaus geschaffen­en Räume so neu zu gestalten, dass sie dem derzeit nachgefrag­ten Größen für Bürofläche­n entspreche­n – mit der Option, diese jederzeit vergrößern und neu gestalten zu können. Der einst zentral gelegene Aufzug wurde deshalb an die Seite verlegt, um Platz zu schaffen. Dadurch wurde Raum geschaffen für moderne Geschäftsr­äume, von denen einige sogar über Terrassen verfügen. Sämtliche Räume sind bereits vermietet – belegt u.a. von internatio­nalen Unternehme­n. Nur das Erdgeschos­s stünde derzeit noch leer. Dort sei bereits alles nach den Vorstellun­gen des künftigen Betreibers eingericht­et. Das Unternehme­n „Vapiano“will dort einen Fastfood-Store für Pasta und Pizza eröffnen. 1994 sei das Gebäude von der Commerzban­k erbaut worden. Von der Helaba wurde die Immobilie erworben und mit dem Architektu­rbüro Stadermann für eine zukunftsfä­hige Nutzung umgebaut.

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FOTO: HARTMUT SCHWARZ Grafiker Alfred Görstner und Architekt Enrico Seeboth in der Galerie im Treppenhau­s Bahnhofstr­aße .

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