Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Hessen will keine Pipeline für Salzlauge
Der Streit um Ableitung der Abwässer des K+S-Konzerns eskaliert
Erfurt. Der Streit um eine Pipeline für die Abwässer des KaliKonzerns K+S ist eskaliert. Im Zentrum stehen zwei grüne Umweltministerinnen: Die Thüringerin Anja Siegesmund will an den Planungen für die Leitung festhalten; ihre hessische Amtskollegin Priska Hinz verkündete am Donnerstag den Stopp. K+S betreibt drei Werke in Osthessen und im thüringischen Unterbreizbach. Dort wird seit jeher ein Teil der Abwässer in die Werra gepumpt, die auch durch Thüringen fließt. Die Leitung würde hingegen die Lauge aus den Werken wie ein Bypass gen Norden direkt in die Weser leiten – und damit die stark versalzte Werra entlasten.
Die Flussgebietsgemeinschaft Weser, der neben Thüringen und Hessen die Anrainer-Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bayern und Sachsen-Anhalt angehören, hatte 2015 die Leitung unter dem Vorsitz Siegesmunds vereinbart. Bereits damals hatte es aber Widerstand aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gegeben, über deren Gebiet die Pipeline führen würde. Spätestens seit die EU im Juni das Vertragsverletzungsverfahren wegen zu hoher Salzeinleitungen einstellte, befindet sich Thüringen in der Defensive – zumal Hessen den Vorsitz der Konferenz inne hat. Bei der gestrigen Sitzung der Fachminister in Kassel wurde nun der Beschluss gefasst, auf die Leitung zu verzichten. Siegesmund boykottierte das Treffen und erklärte gleichzeitig schriftlich ihr Veto. Diese Entscheidung könne nur einstimmig gefasst werden, sagte sie dieser Zeitung. „Ich halte dieses Vorgehen für verheerend.“Die Ministerin sprach von einem Bruch früherer Vereinbarungen. So gelte immer noch der 2015 vereinbarte Bewirtschaftungsplan, der ein klares Maßnahmenbündel beinhalte. Für den Fall, dass K+S die Vorgaben für Werra und Weser nicht erfülle, müsse der Konzern die Leitung bauen. „Dazu stehe ich“, erklärte Siegesmund. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) unterstützte seine Ministerin. „Es ist falsch, die Option der Pipeline jetzt schon vom Tisch zu nehmen“, sagte er dieser Zeitung. „Auch über niedrigere Grenzwerte für die Werra sollte niemand nachdenken.“Laut Ramelow ist das Land dabei, gemeinsam mit K+S weitere Alternativen zur Einleitung in die Werra zu entwickeln. „Da sind wird auf einem guten Weg“, sagt er unter Bezug auf die Einlagerung der Abwässer in stillgelegten Gruben und die 2018 eröffnete KKF-Anlage, in der Lauge eingedampft und verwertet wird. „Wenn am Ende auf die Leitung verzichtet werden kann, ist das gut“, sagt Ramelow. „Aber für eine Entscheidung darüber ist es noch zu früh.“