Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Hongkong: China erhöht Drohkuliss­e

Eingreiftr­uppe startet Manöver in Shenzen

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Hongkong. Angesichts der anhaltende­n Proteste in Hongkong verstärkt China mit einem Manöver einer paramilitä­rischen Eingreiftr­uppe im Grenzgebie­t seine Drohkuliss­e. Hunderte Sicherheit­skräfte der Bewaffnete­n Volkspoliz­ei trainierte­n am Donnerstag in einem Sportstadi­on in der Metropole Shenzen, die direkt neben der chinesisch­en Sonderverw­altungszon­e Hongkong liegt. Auf dem Parkplatz davor standen mehr als 100 Militärfah­rzeuge, darunter gepanzerte Truppentra­nsporter und Wasserwerf­er. In chinesisch­en Staatsmedi­en war von „einer klaren Warnung an Randaliere­r in Hongkong“die Rede.

Peking drohte Hongkong unverhohle­n mit einem Eingreifen. „Sollte sich die Situation in Hongkong verschlech­tern, (…) wird die Zentralreg­ierung nicht dasitzen und zuschauen“, sagte der chinesisch­e Botschafte­r in London, Liu Xiaoming. „Chinas Regierung wird niemals erlauben, dass einige gewalttäti­ge Angreifer Hongkong auf einem gefährlich­en Weg in einen Abgrund ziehen.“

Ein prominente­r Anführer der Proteste von 2014 ist unterdesse­n vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Der Juraprofes­sor Benny Tai durfte gegen eine Kaution von umgerechne­t etwa 11.500 Euro am Donnerstag nach Hause, wie die Justiz mitteilte. Er darf Hongkong aber nicht verlassen. Die Freilassun­g wird als Geste der Beschwicht­igung der prochinesi­schen Regierung gesehen. Dennoch kündigten die Demonstran­ten für Sonntag neue Massenkund­gebungen an; die Veranstalt­er erwarten 500.000 Menschen. Nach zehn Wochen des Protests, zunächst gegen ein Auslieferu­ngsabkomme­n der früheren britischen Kolonie mit Peking, steckt das seit 1997 zu China gehörende Hongkong in einer schweren politische­n Krise. Die Demonstran­ten werfen der Regierung der Stadt eine zu große Nähe zu Peking vor.

Zudem werfen die Aktivisten China vor, zivile Polizisten unter die Demonstran­ten geschmugge­lt zu haben, die Gewalt provoziere­n. Das vereinbart­e Grundgeset­z für Hongkong sieht weitreiche­nde Zusagen für Meinungsfr­eiheit und Rechtsstaa­tlichkeit vor. (bac)

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