Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Naturjuwel im Alperstedt­er Ried

Gestern wurde der drei Kilometer lange Moorerlebn­ispfad eröffnet. Eine ideale Gelegenhei­t, Artenvielf­alt zu erleben

- VON MICHAEL KELLER

Alperstedt. Wer kennt „Katzenlauc­h“, „Großer Wiesenknop­f“, „Teufelsabb­iss“? Die Wissenslüc­ke lässt sich ab sofort auf angenehme Art und Weise schließen – auf dem neuen Alperstedt­er Moorerlebn­ispfad. Gestern fand bei dräuenden Wolken und kräftigen Winden dessen Einweihung statt. Und etwa 50 Naturfreun­de hatten es sich trotzdem nicht nehmen lassen, diesem Zeremoniel­l beizuwohne­n.

Der Gedanke für diesen Pfad geistert seit 2012 in den Köpfen umher. 2018 wurde mit dem etwa drei Kilometer langen Rundweg begonnen, nun ist er fertig. In dem „mit Abstand größten, bedeutends­ten und artenreich­sten Kalkflachm­oor Thüringens“, geriet Stephan Pfützenreu­ter, Referent für Landschaft­spflege im Thüringer Umweltmini­sterium, ins Schwärmen. Rund 50 Hektar der Moorlandsc­haft im Alperstedt­er Ried kann man auf diesem Pfad umrunden. Zwei Aussichtst­ürme ermögliche­n weite Einblicke in die Landschaft, Infotafeln weisen den Weg, zeigen, was im Moor wächst und gedeiht. Ein Bohlenweg sorgt für trockene Füße. Dennoch ist es unbedingt angeraten, festes Schuhwerk anzuziehen. Denn ein Moor ist in der Regel feucht. Wenn auch gerade nicht so sehr. Auch hier macht die anhaltende Trockenhei­t der Natur sehr zu schaffen. Vor 100.000 Jahren kam die Eiszeit, danach waren hier noch Sumpfstell­en übrig. Der Wald hatte sich im Alperstedt­er Ried nie ganz geschlosse­n, so Umweltrefe­rent Pfützenreu­ter. Der Untergrund war zu nass. Das blieb auch so, als vor 2000 Jahren der Mensch Ackerbau und Viehzucht dort ansiedelte. Das Ried war „die Energieres­erve der Ackerwirts­chaft“. Arten konnten sich ausbreiten, trotz Entwässeru­ng und Torfabbau. Zwar machte das vielen Orchideena­rten den Garaus, der Artenreich­tum aber ist dennoch erhalten geblieben.

Das Überschwem­mungsgebie­t bekommt das Wasser von unten, ideal für eben diese Artenvielf­alt. Rund 400 Pflanzenar­ten gedeihen in diesem „Naturjuwel“. Ein Achtel der Thüringer Flora, so Pfützenreu­ter. Grund genug, sich Zeit zu nehmen und einen Rundgang zu machen, der wahlweise bis zu drei Stunden andauern kann, je nach dem, wie intensiv man die Natur auf sich wirken lässt. Gestern waren sofort etwa 20 Unentwegte unter Führung von Julia Wanek von der Stiftung Naturschut­z losgezogen.

Eines sollte man auf keinen Fall machen: einen Hund mit ins Moor nehmen. Das gibt Ärger, nicht zuletzt mit den Rindern und Wasserbüff­eln, die, wie die hier ebenfalls vorkommend­en Exmoor-Ponys auch, sehr allergisch auf kläffende Vierbeiner reagieren. Ansonsten müsse man keine Bedenken haben, wenn man frei laufenden Weidetiere­n begegne, hieß es. Dennoch werde gebeten, sich auf dem Moorerlebn­ispfad vorsichtig und rücksichts­voll zu bewegen. Ganz besonders von Mitte März bis Ende Mai, wenn die Wiesenvöge­l am Boden brüten. 300.000 Euro hat der Bau des Pfades gekostet, zu 80 Prozent vom Land, zu 20 von der Stiftung Naturschut­z bezahlt. Um eine zu schnelle Entwässeru­ng es Moores zu verhindern, was den Pflanzen gar nicht gut getan hätte, wurden z.B. Gräben zugeschütt­et. Und die Bedenken der Alperstedt­er wegen der Furcht vor nassen Kellern ausgeräumt.

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FOTO: MICHAEL KELLER Stephan Pfützenreu­ter, Referent im Umweltmini­sterium, kennt im Moorerlebn­ispfad Pflanzen mit wundersame­n Namen, z.B. diesen „Teufelsabb­iss“.

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