Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Naturjuwel im Alperstedter Ried
Gestern wurde der drei Kilometer lange Moorerlebnispfad eröffnet. Eine ideale Gelegenheit, Artenvielfalt zu erleben
Alperstedt. Wer kennt „Katzenlauch“, „Großer Wiesenknopf“, „Teufelsabbiss“? Die Wissenslücke lässt sich ab sofort auf angenehme Art und Weise schließen – auf dem neuen Alperstedter Moorerlebnispfad. Gestern fand bei dräuenden Wolken und kräftigen Winden dessen Einweihung statt. Und etwa 50 Naturfreunde hatten es sich trotzdem nicht nehmen lassen, diesem Zeremoniell beizuwohnen.
Der Gedanke für diesen Pfad geistert seit 2012 in den Köpfen umher. 2018 wurde mit dem etwa drei Kilometer langen Rundweg begonnen, nun ist er fertig. In dem „mit Abstand größten, bedeutendsten und artenreichsten Kalkflachmoor Thüringens“, geriet Stephan Pfützenreuter, Referent für Landschaftspflege im Thüringer Umweltministerium, ins Schwärmen. Rund 50 Hektar der Moorlandschaft im Alperstedter Ried kann man auf diesem Pfad umrunden. Zwei Aussichtstürme ermöglichen weite Einblicke in die Landschaft, Infotafeln weisen den Weg, zeigen, was im Moor wächst und gedeiht. Ein Bohlenweg sorgt für trockene Füße. Dennoch ist es unbedingt angeraten, festes Schuhwerk anzuziehen. Denn ein Moor ist in der Regel feucht. Wenn auch gerade nicht so sehr. Auch hier macht die anhaltende Trockenheit der Natur sehr zu schaffen. Vor 100.000 Jahren kam die Eiszeit, danach waren hier noch Sumpfstellen übrig. Der Wald hatte sich im Alperstedter Ried nie ganz geschlossen, so Umweltreferent Pfützenreuter. Der Untergrund war zu nass. Das blieb auch so, als vor 2000 Jahren der Mensch Ackerbau und Viehzucht dort ansiedelte. Das Ried war „die Energiereserve der Ackerwirtschaft“. Arten konnten sich ausbreiten, trotz Entwässerung und Torfabbau. Zwar machte das vielen Orchideenarten den Garaus, der Artenreichtum aber ist dennoch erhalten geblieben.
Das Überschwemmungsgebiet bekommt das Wasser von unten, ideal für eben diese Artenvielfalt. Rund 400 Pflanzenarten gedeihen in diesem „Naturjuwel“. Ein Achtel der Thüringer Flora, so Pfützenreuter. Grund genug, sich Zeit zu nehmen und einen Rundgang zu machen, der wahlweise bis zu drei Stunden andauern kann, je nach dem, wie intensiv man die Natur auf sich wirken lässt. Gestern waren sofort etwa 20 Unentwegte unter Führung von Julia Wanek von der Stiftung Naturschutz losgezogen.
Eines sollte man auf keinen Fall machen: einen Hund mit ins Moor nehmen. Das gibt Ärger, nicht zuletzt mit den Rindern und Wasserbüffeln, die, wie die hier ebenfalls vorkommenden Exmoor-Ponys auch, sehr allergisch auf kläffende Vierbeiner reagieren. Ansonsten müsse man keine Bedenken haben, wenn man frei laufenden Weidetieren begegne, hieß es. Dennoch werde gebeten, sich auf dem Moorerlebnispfad vorsichtig und rücksichtsvoll zu bewegen. Ganz besonders von Mitte März bis Ende Mai, wenn die Wiesenvögel am Boden brüten. 300.000 Euro hat der Bau des Pfades gekostet, zu 80 Prozent vom Land, zu 20 von der Stiftung Naturschutz bezahlt. Um eine zu schnelle Entwässerung es Moores zu verhindern, was den Pflanzen gar nicht gut getan hätte, wurden z.B. Gräben zugeschüttet. Und die Bedenken der Alperstedter wegen der Furcht vor nassen Kellern ausgeräumt.