Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Wo ist das „Mädchen für alles“?

Im Fall Epstein gerät Ghislaine Maxwell ins Visier der Fahnder. Sie soll ihm junge Frauen zugeführt haben

- VON DIRK HAUTKAPP

Washington. Wo auch immer sich Ghislaine Maxwell gerade aufhält: Die Drohung von William Barr im Pädophilie-Skandal um den in Haft gestorbene­n New Yorker Multimilli­onär Jeffrey Epstein dürfte die vermögende Britin mit Pariser Geburtsurk­unde längst erreicht haben. „Vorerst sollte kein Komplize ruhig schlafen“, sagte der USJustizmi­nister nach dem Tod Epsteins, „die Opfer verdienen Gerechtigk­eit und werden sie bekommen.“

Die Opfer, das sind zig Frauen um die 30 wie Virginia Roberts Giuffre, Maria Farmer oder Sarah Ransome, die ausweislic­h von Gerichtsak­ten berichten, wie sie als Minderjähr­ige von Epstein sexuell ausgebeute­t und an prominente Dritte wie etwa Großbritan­niens Prinz Andrew (der alles dementiert) „ausgeliehe­n“worden seien. Im Zentrum des Menschenha­ndels steht nach Schilderun­gen der Betroffene­n in einer bizarren Multirolle als Zuhälterin, Bettpartne­rin, Freundin, Vertraute und Gesellscha­ftsdame die 57 Jahre alte Maxwell. Sie ist die Tochter des 1991 bei einem Sturz von seiner (ebenfalls „Ghislaine“getauften) Segelyacht gestorbene­n Medienmogu­ls Robert Maxwell. Ghislaine Maxwell sei es gewesen, die Epsteins Sextrieb mit regelmäßig­em Nachschub an jungen Mädchen – mindestens drei pro Tag – bedient habe. Dabei soll sie sich rabiat verhalten haben. Mädchen, die nicht spurten, seien die Pässe abgenommen worden. Ein Butler schilderte laut Gerichtsak­ten eine Szene, in der ein Mädchen „vor Angst schlottert­e“, als ihm die Befriedigu­ng Epsteins aufgegeben wurde. Jennifer Araoz, heute 32, gibt an, 2001 im Alter von 14 Jahren von Epstein in New York „brutal vergewalti­gt“worden zu sein. Sie hat die Nachlassve­rwalter Epsteins, der über rund 500 Millionen Dollar verfügt haben soll, und Maxwell verklagt. „Sie haben mich meiner Jugend, meiner Identität, meiner Unschuld und meines Selbstwert­gefühls beraubt“, sagte Araoz vor Journalist­en. Ghislaine Maxwell fand ihre „Opfer“, die oft aus prekären sozialen Verhältnis­sen stammten, laut Justiz-Dokumenten nicht selten in Einkaufsze­ntren und sprach abfällig über sie: „Müll.“Ihre Masche: Wollt ihr für 200 Dollar einen Mann massieren? Dass es nicht um Entspannun­g ging, sondern um Sex, wurde den Minderjähr­igen klar, als Epstein bereits nackt auf dem Massagetis­ch lag, als sie dessen Villen in New York, New Mexico, Florida und in der Karibik betraten. Epstein soll dabei zuweilen in blau angestrich­ene Deckenhimm­el geblickt haben, mit Wolken und Engeln.

Wie Maxwell in ihre Rolle geriet, ist nur in Umrissen bekannt. Zu Beginn der 90er-Jahre kam sie aus England nach New York. Dort traf sie auf Epstein. Die beiden wurden ein Liebespaar und später Freunde. Maxwell war so etwas wie die Lebensinne­neinrichte­rin des reichen Finanziers. Ihre Kontakte in die High Society waren es, die Epstein zu einem gefragten Partyveran­stalter werden ließen, der mit Leuten wie den Clintons, Donald Trump und Woody Allen verkehrte. Weil Epsteins Opfer Maxwell als Schlüsself­igur identifizi­erten, erwarten Juristen, dass die zuletzt in Manchester­by-the-Sea nahe Boston vermutete Frau, die sich seit Jahren aus der Öffentlich­keit zurückgezo­gen hatte, zur Fahndung ausgeschri­eben und angeklagt wird.

Vernetzt in globalen der High Society

 ?? FOTO: GETTY ?? Jeffrey Epstein und seine Lebensgefä­hrtin Ghislaine Maxwell im Jahr .
FOTO: GETTY Jeffrey Epstein und seine Lebensgefä­hrtin Ghislaine Maxwell im Jahr .

Newspapers in German

Newspapers from Germany