Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
„Klimaschutz nicht zum Nulltarif“
Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer über die Regierung, Greta und Klimabewusstsein
Berlin. Es sind bewegte Zeiten für die Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Am Montag startet sie zu ihrem ersten Truppenbesuch ins Ausland. Am Sonntagabend aber steht zunächst der Koalitionsausschuss mit der SPD im Kanzleramt an.
Erwarten Sie am Sonntag ein Bekenntnis der SPD zu dieser Regierung? Kramp-Karrenbauer Es wird nicht um den Fortbestand der Koalition gehen, sondern um eine Reihe von inhaltlichen Themen. Es ist Angelegenheit der SPD, die Frage des Vorsitzes zu klären. Ich wünsche ihr dabei einen guten Prozess und kluge Entscheidungen.
Die kommissarische SPDChefin Frau Dreyer will ein Linksbündnis. Ist jetzt schon Wahlkampf?
Wir haben einen hart verhandelten Koalitionsvertrag. Der ist Grundlage für unsere Zusammenarbeit. Wenn die SPD sich mit Blick auf die Zukunft links positioniert, ist das ihre Entscheidung. Wenn sie die Republik nach links verrücken will, dann wird sie auf entschiedenen Widerstand der CDU treffen.
Wenn es knallt – regiert die Union zur Not auch alleine in der Minderheit?
Ich spekuliere nicht über WennFragen. Wir tragen unseren Teil dazu bei, dass die Regierung in dieser Legislaturperiode vernünftig arbeitet.
Beim Abbau des Soli hat die SPD ja die Beibehaltung für Gutverdiener durchgesetzt … Es gibt kein Koppelgeschäft zwischen der Abschaffung des Solidaritätszuschlags und der Grundrente. Wir wollen weiter eine 100-prozentige Abschaffung des Soli. Der Gesetzentwurf von Finanzminister Scholz ist ein guter erster Schritt. Ich gehe davon aus, dass er den verfassungsrechtlichen Grundlagen entspricht.
Die Gutverdiener zahlen weiter …?
Das Gesetz entspricht dem Koalitionsvertrag und geht noch ein Stück darüber hinaus. Wir halten aber an unserem Ziel fest.
Würden Sie für die komplette Abschaffung des Soli eine Reichensteuer einführen?
Nein.
Wann kommt die Grundrente?
Wir haben im Koalitionsvertrag eine Bedürftigkeitsprüfung vereinbart. Über die Art der Prüfung kann man reden.
Und wann kommt denn der Umweltschutz in das Grundgesetz?
Ich möchte einen nationalen Klimakonsens, der über die Legislaturperiode hinausreicht und den Klimaschutz, den Kohleausstieg und das Prinzip der Nachhaltigkeit verbindet. Wenn wir einen Regierungskonsens gefunden haben im September, dann werden wir in Gespräche mit der Opposition gehen.
Wird der Klimaschutz teuer? Klimaschutz ist nicht zum Nulltarif zu haben. Alles andere ist eine Illusion. Aber die Gruppen, die es besonders betrifft – etwa Pendler oder Mieter und Besitzer älterer Häuser –, dürfen nicht einseitig belastet werden. Es gibt viele Stellen, an denen entlastet werden kann, zum Beispiel bei der EEG-Umlage, der Stromsteuer oder der Pendlerpauschale.
Die Grünen profitieren von der Klimadebatte. Warum punktet die Union in diesem Bereich so wenig?
Wir haben unsere Erfolge wie den Ausstieg aus der Kernenergie zuletzt zu wenig kommuniziert. Es gab in den vergangenen Jahren auch zu wenig umweltund klimapolitische Programmatik der CDU, die in der Verknüpfung von wirtschaftspolitischer Kompetenz mit Verantwortung für die Schöpfung besteht. Wir haben zu sehr den Eindruck entstehen lassen, als ob es sich dabei um Gegensätze handelte. Den Grünen wird der Umweltschutz per se zugeschrieben. Aber jetzt geht es konkret um Kosten und Umsetzung.
War es richtig von Greta Thunberg, sich mit Vermummten im Hambacher Forst zu zeigen? Es ist ein Verdienst von Greta Thunberg, eine Bewegung etabliert und ein Thema öffentlichkeitswirksam gesetzt zu haben. Ob es dem Anliegen guttut, sich mit vermummten Besetzern zu zeigen, muss sie entscheiden. Ich finde es jedenfalls nicht in Ordnung.
Der entlassene Verfassungsschutzchef, Maaßen, fällt mit rechtskonservativen Sprüchen auf. Denken Sie über einen Parteiausschluss nach?
Als ehemalige Innenministerin bin ich froh, dass Herr Maaßen