Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Die Expeditionslust des Adels
Sonderausstellung im Altenburger Schloss zu Herzögen und Prinzen als Entdecker. Ihr Vorbild war Alexander von Humboldt
Altenburg. Sein Name ist immer noch allgegenwärtig: Eine Lilie, ein Mondkrater und eine Meeresströmung, ein Pinguin und die Berliner Universität sind nach ihm benannt, um nur einige Beispiele zu nennen. Nicht ohne Grund zählt er weltweit immer noch zu den bekanntesten Deutschen: Alexander von Humboldt (1769-1859), der als eines der letzten Universalgenies gilt und in Lateinamerika immer noch als zweiter Entdecker verehrt wird. Finanziell unabhängig konnte er seine akribisch geplanten Expeditionen selbst festlegen. Imposant waren auch die Mengen an Messdaten und botanischen und geologischen Proben, die er dabei sammelte. Schließlich beschäftigte sich Humboldt mit einer Vielzahl von Forschungsgebieten: von Vulkanologie über Kartografie, Erdmagnetismus, Botanik, Zoologie, Ethnologie, Wirtschaft, Landwirtschaft und Bergbau bis hin zu Meteorologie und Meereskunde. Sei großes Lebensziel war es, das Zusammenwirken aller Naturkräfte zu verstehen und zu erklären.
Am 14. September jährt sich Humboldts Geburtstag zum 250. Mal; ein Jubiläum also, das vier Museen aus dem Altenburger Land – das Naturkundemuseum Mauritianum, Lindenau-Museum, Residenzschloss Altenburg und Burg Posterstein – zu der gemeinsamen Ausstellungskooperation „humboldt4“inspiriert hat, um den großen Universalgelehrten aus jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Nach der bereits Ende Juni eröffneten Ausstellung im Mauritianum öffnen sich ab Sonntag nun auch auf dem Residenzschloss Altenburg die Türen für die Ausstellung „Herzöge auf Spitzbergen, Prinzen am Amazonas: Adlige Entdecker in der Nachfolge Humboldts“.
Generationen adliger Forscher – alle finanziell gut gestellt und der europäischen Elite angehörend – eiferten Humboldts Vorbild nach und machten sich selbst zu Expeditionen in alle Winkel der Welt auf, welche für den „normalen“Bürger zu jenem Zeitpunkt noch nicht erreichbar waren, wie der Kurator der Schau und wissenschaftliche Volontär in Altenburg, Christian Landrock, erklärt. Einer dieser adligen, reisenden Forscher war der letzte Herzog von Sachsen-Altenburg, Ernst II. (1871-1955), der im August 1911 zu einer Spitzbergen-Expedition aufbrach. „Zum einen wollte Ernst II. tatsächlich die polare Welt sehen. Zum anderen hatte er ein großes Interesse an Wissenschaft und sich im Vorfeld schon teures technisches Equipment zugelegt. Und darüber hinaus hat er auf dieser Reise auch seiner Jagdleidenschaft gefrönt“, sagt Landrock.
Mit zehn Personen ging es für den Herzog per Schiff nach Spitzbergen. Mit einer eigens dafür gebauten Segeljacht mit kleinem Hilfsmotor drang er bis nahe an den 80. Breitengrad vor. In einem kleinen Film soll diese Expedition nachgestellt werden. Zugleich sind mit dem olivgrünen Zelt, in dem Ernst II. schlief, seinen Skiern und Schneeschuhen ein Teil der Reiseausrüstung in Altenburg zu sehen.
Diese extrem teuren Forschungsreisen, die unter anderem Ernst II. selbst finanzierte, waren seinerzeit bei den Adligen übrigens ein probates Mittel, um sich in einem monarchisch regierten und als Staatsform längt in der Krise befindlichen Deutschland zu präsentieren und zu legitimieren. „Man konnte damit beweisen, wie interessiert, aber auch tatkräftig und mutig man als Regent selbst in Ausnahmesituationen war“, erklärt Christian Landrock. Das kam durchaus an beim Volk. Noch dazu galt der Herzog als eloquenter Vermittler seiner Forschungen der Astronomie und war wiederholt als Vortragender Gast in der Naturforschenden Gesellschaft des Osterlandes.
Neben seiner Spitzbergen-Reise und dem Vorreiter Humboldt, denen in der Ausstellung jeweils ein Raum gewidmet ist, befasst sich ein weiterer großer Themenschwerpunkt mit dem Reiseverhalten der Elite und stellt noch weitere dieser abenteuerlustigen und forschenden Adligen vor. Auch der Forschungsreisende Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied bereiste während drei mehrjähriger Expeditionen drei Kontinente. Als einer der Ersten bereiste er Brasilien und den damals tatsächlich noch wilden Westen Nordamerikas. Seine Berichte prägten das Bild, das man sich in Europa von den Ureinwohnern machte. Besonders große Wirkung hatten die detaillierten Illustrationen in seinen Büchern, die ebenfalls in Altenburg zu sehen sind und auf die auch Karl May zurückgriff. Der Schriftsteller, der bekanntlich nie im Wilden Westen war, vertiefte sich in der Königlichen Bibliothek Dresden in das Werk von zu WiedNeuwied und fand darin den ganzen Schatz Amerikas: Pflanzen, Tiere, die Ureinwohner und deren Gepflogenheiten. May, der Generationen von Lesern mit seinen Indianergeschichten fesseln sollte, ließ sich davon inspirieren.
Daneben sind in weiteren Vitrinen Erich Dagobert von Drygalski, Ferdinand von Richthofen, Adalbert von Preußen und Adolf Friedrich zu Mecklenburg mit ihren Reisen vorgestellt und führen damit das Erbe fort, welches Alexander von Humboldt hinterlassen hat.
• Sonderausstellung „humboldt“im Residenzschloss Altenburg; zu sehen von Sonntag, . August, bis Sonntag, . November, dienstags bis sonntags jeweils von bis Uhr.