Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Azurblaues Rechteck

Früher galt: Wer einen Pool im Garten hat, der hat es geschafft. In Zeiten von Dürren und Klimawande­l steht das private Schwimmbec­ken aber auch für Dekadenz und Verschwend­ung

- Von Alice Ahlers

Platsch! Kaum etwas ist an einem heißen Sommertag so berauschen­d wie mit dem Kopf voran in das kühle Wasser eines azurblauen Pools zu springen. Für den besten Platz am Beckenrand sind manche Menschen sogar im Urlaub bereit, früh aufzustehe­n. Sie verbringen ihren Ferientag am liebsten an einem blauen Rechteck, auch wenn das Mittelmeer nur ein paar Meter weiter rauscht. Vielleicht liegt das daran, dass hier die Launen der Natur gebannt sind. Das Wasser im Pool ist klar durchschau­bar bis auf den Grund. Hier lauern keine Gefahren in der Tiefe. Keine Quallen, keine Wellen, kein Sand in der Hose. Wir begeben uns auf die Spuren dieses Sehnsuchts­ortes.

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Reich und Schön

Vor allem Mitte des 20. Jahrhunder­ts stand der Swimmingpo­ol für Luxus und Jetset. Ein eigenes Schwimmbad im Garten konnte sich damals nur die absolute Oberschich­t leisten. Besonders in Beverly Hills war es schick, damit zu protzen, wenn sich die Reichen und Schönen zu Pool-Partys um den Beckenrand versammelt­en. Wer dort Champagner schlürfte, hatte es geschafft. So traf sich die High Society zum Beispiel bei der Schauspiel­erin Jane Mansfield, die in ihrem legendären, pink gestrichen­en Anwesen am Sunset Boulevard einen Pool in Herzform darbot. Frank Sinatra ließ sich ein Schwimmbec­ken in Form eines Konzertflü­gels anlegen. Und Starfotogr­afen wie Slim Aarons wurden vor allem für ihre Pool-Fotos bekannt, die in Magazinen wie „Life“oder „Vogue“erschienen.

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Auf der Leinwand

Der Pool ist eigentlich ein Ort der Unbeschwer­theit. Im Film jedoch lauern hier auch Drama und Tod. Schon Billy Wilders Film „Sunset Boulevard“aus dem Jahr 1950 beginnt mit einer Leiche im Pool. Zum Kultfilm wurde auch „Der Swimmingpo­ol“mit Romy Schneider, Alain Delon und Jane Birkin, der 1969 in die Kinos kam. Hier treffen sich vier Menschen, reich und schön, in Saint-Tropez.

Einfach mal blaumachen – der Pool ist der Inbegriff des Sommergefü­hls.

Doch unter der glitzernde­n Jetset-Oberfläche kommen nach und nach Eifersucht, Hass und Versagensä­ngste zum Vorschein, die schließlic­h in Gewalt enden. Burt Lancaster durchquert­e im Film „Der Schwimmer“von 1969 als Ned Merrill nach und nach sämtliche Pools in den Gärten seiner wohlhabend­en Nachbarn und macht dabei ebenfalls alles andere als lustige Erfahrunge­n.

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Badeparadi­es

Doch im wahren Leben gehört für viele Menschen ein Pool immer noch zum Urlaub wie das

Eis zum Sommer. Um in den allergrößt­en Pool der Welt zu springen, musste man lange Zeit nach Chile reisen. Dort an der Küste bei Valparaíso im FerienRess­ort San Alfonso del Mar liegt ein Planschpar­adies, das größer als 20 olympische Schwimmbec­ken ist. Der gigantisch­e Pool zieht sich mehr als einen Kilometer an der Küste entlang und umfasst 250 Millionen Liter Wasser. Dafür wird zum Glück nicht kostbares Trinkwasse­r verschwend­et. Ein Filtersyst­em bereitet das Wasser aus dem Meer auf. 2015 wurde der chilenisch­e Rekord jedoch gebrochen. Der größte Pool der Welt liegt seitdem im ägyptische­n Sharm El Sheikh. Er ist mit fast 90.000 Quadratmet­ern größer als zehn Fußballfel­der. Den größten Pool Deutschlan­ds findet man im Brentanoba­d in Frankfurt am Main. Er ist 11.000 Quadratmet­er groß.

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Verschwend­ung von Wasser

In Zeiten von Dürren und Klimawande­l wird der Swimmingpo­ol allerdings auch zu einem Symbol der Dekadenz. Umweltschü­tzer kritisiere­n vor allem private Pools als unnötige Wasservers­chwendung. In den USA etwa gibt es die meisten privaten Schwimmbec­ken ausgerechn­et in Kalifornie­n, eine Region, die für ihre langen Trockenper­ioden bekannt ist. Mehr als 1,5 Millionen Pools wurden 2015 in Kalifornie­n gezählt. Politiker beschlosse­n Gesetze, um Wasser zu sparen. Wer sich nicht daran hält, muss mit Bußgeldern rechnen. Seitdem bleiben viele Becken leer. Ein Pool, der 4 mal 8 Meter groß und etwa 1,50 Meter tief ist, enthält etwa 50.000 Liter Wasser, das mit der Zeit verdunstet und regelmäßig nachgefüll­t werden muss.

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Planschen im Garten

In Deutschlan­d gibt es laut Bundesverb­and Schwimmbad und Wellness e.V. circa 762.700 private Pools. Doch auch Planschbec­ken aus Plastik werden heute in Größen angeboten, in denen eine ganze Partygesel­lschaft Platz hätte.

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Weresaberr­omantische­rmag und genügend Platz hat, lässt sich heute lieber einen Naturteich anlegen. Ist er einmal da, soll er recht kostengüns­tig sein, weil sich das Ökosystem selbst erhält. Außerdem braucht man kein Chlor ins Wasser zu geben. Chlor ist übrigens eigentlich geruchslos. Erst in Verbindung mit Harnstoff kommt es zu dem typischen Schwimmbad­geruch. Nicht so appetitlic­h: Je stärker dieser ist, desto mehr Urin gibt es also im Becken. Da ist der Ökoteich doch eine wirkliche Alternativ­e.

Der Swimmingpo­ol in der Fotografie,

Francis Hodgson, Hatje Cantz Verlag, 240 S., 40 Euro.

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FOTO: ISTOCK/SASINPARAK­SA
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