Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
...die Kontaktlinse
Tausendmal gesehen, tausendmal benutzt – viele Dinge im Haushalt erscheinen uns ganz selbstverständlich. Doch es lohnt sich, sie einmal genauer zu betrachten. Anscheinend gibt es wirklich kaum eine Sache, bei der Leonardo da Vinci nicht seine Finger im Spiel hatte. Selbst die Kontaktlinse, die so winzige wie elementare Alltagshilfe vieler Fehlsichtiger, geht auf eine Idee des Universalgenies zurück. Bereits 1508 schlug er in einer Schrift das Eintauchen des Auges in ein wassergefülltes Glasgefäß vor – was durchaus als eine Art Urform der Kontaktlinse durchgehen kann. Gut 300 Jahre später beschrieb der britische Astronom John Herschel eine „mit tierischer Gallerte gefüllte sphärische Kapsel, die auf die Oberfläche des Auges aufgebracht wird“— auch wenn das wenig appetitlich klingen mag, kam er dem Konzept moderner Kontaktlinsen schon ziemlich nahe. Tatsächlich in die Realität umgesetzt wurden Kontaktlinsen erstmals in den 1880er-Jahren – mindestens zwei Erfinder entwickelten unabhängig voneinander Glasschalen, die den größten Teil der Augenoberfläche bedeckten und komplett sauerstoffundurchlässig waren. Tragen konnte man diese Art von Linsen allerdings maximal eine halbe Stunde.
In den 1930er Jahren kam dann erstmals Kunststoff ins Spiel – ab sofort musste sich niemand mehr Glas aufs Auge drücken. Als Erfinder der modernen stabilen Kontaktlinsen gilt Heinrich Wöhlk, der schon früh mit Plexiglas experimentierte und als erster einen präzisen Abdruck einer Hornhaut nahm. Tatsächlich war das die Voraussetzung für die individuelle, passgenaue Kontaktlinse . Im Jahr 1949 dann wurde die erste Kunststofflinse patentiert, die nur noch die Hornhaut bedeckte. Ab 1975 kamen schließlich weiche, komfortable Linsen auf den Markt — die heute besonders beliebt sind. Und die Forschung geht weiter, denn es geht immer noch ein bisschen kleiner, dünner und durchlässiger. ( jh )